Nachtcafé vom 16.06.2011   Liste aller Gäste       

Schläpfer Ernst
Obmann Eidgenössischer Schwingerverband 

Schläpfer Ernst Früher ein «Böser», heute der höchste Schwinger des Landes: Schläpfer Ernst sprach im Nachtcafé über den Boom des Schweizer Nationalsports, die steigende Medienpräsenz und erklärte, warum Schwingen kein Sport für «Weicheier» ist.

sf. «Man sagt von den Schwingern, sie seien die ‹Bösen›. Ist das wirklich wahr?» Gleich zu Beginn fühlte Moderator Robert Bösiger seinem Talkgast im «Volksstimme»-Nachtcafé auf den Zahn. Ernst Schläpfers Antwort war eindeutig: «Natürlich bin ich ein Böser», sagte der Obmann des Eidgenössischen Schwingerverbands. Er stellte auch gleich klar, dass «böse» nichts mit der eigentlichen Wortbedeutung zu tun habe: «Es ist bloss ‹böse›, gegen uns zu schwingen.»
In seiner Karriere errang Schläpfer zweimal den Titel des Schwingerkönigs und liess seinen Gegnern oftmals keine Chance: «Heute wäre ich wohl nicht mehr so ‹böse›.» Seine aktive Karriere ist schon lange beendet, die Verbindung zum Schwingsport aber geblieben. Seit drei Jahren ist Schläpfer die oberste Autorität des Schweizer Schwingsports.
Schwingen – die Schweizer Nationalsportart schlechthin – erlebt zurzeit einen Boom. Besonders seit dem vergangenen «Eidgenössischen» in Frauenfeld wollen wieder mehr Junge mit Schwingen beginnen: «Mehrere Hundert junge Mitglieder hat der Schwingerverband seither dazugewonnen.»
Die Schwierigkeit des Schwingsports scheint die jungen Burschen dabei nicht abzuschrecken: «Schwingen kann man im Vergleich zu anderen Sportarten nicht schnell in einem Jahr lernen.» Erst nach vier bis fünf Jahren beherrsche man langsam die ausschlaggebenden Tricks: «Bis zum ersten Sieg verliert man zuerst 100 Mal», präzisierte Schläpfer und fügte an: «Schwingen ist eben kein Sport für Weicheier.» Als Pädagoge sieht der 55-jährige Appenzeller im Schwingen nicht nur eine Sportart, sondern auch ein Erziehungsmittel: «Die Burschen müssen lernen, sich durchzusetzen, Härte und Schmerz zu ertragen. Schwingen ist eine Lebensschule.» Ein Kampf werde nicht durch körperliche Fähigkeiten wie Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer entschieden: «Beim Profi entscheidet der Kopf, ob man gewinnt oder nicht.»
Beim Schwingen fasziniere nicht nur der Sport an sich: «Die besondere Atmosphäre an einem Schwingfest begeistert und wird vom Publikum geschätzt.» Der höchste Schweizer Schwinger setzt sich dafür ein, dass der Schwingsport nicht allzu sehr kommerzialisiert wird: «Natürlich braucht der Schwingsport auch Geld, im Vordergrund soll es aber nicht stehen. Die Freude an der Sache ist vielmehr das Entscheidende.»

Streit mit Göttibueb Abderhalden
Damit teilte Schläpfer einen Seitenhieb an seinen Göttibueb Jörg Abderhalden aus, mit dem er wegen diesen Punktes zerstritten ist. Abderhalden habe nach seinen Schwingerkönigtiteln die falsche Einstellung gehabt. Die Aussagen Schläpfers über seinen Göttibueb waren so direkt wie der ganze Talk: Bei keiner Frage zögerte er, beantwortete frisch von der Leber weg, meist ernst, oft gespickt mit humorvollen oder zynischen Bemerkungen.
Schläpfer ist überzeugt, dass der Verband auf einem guten Weg sei, dass Schwingen seiner Tradition treu bleibe. Dies gilt auch für das Eidgenössische Schwingfest 2022 im Baselbiet: «Wir werden 50?000 Besucher in der Arena haben und Hunderttausende vor dem TV-Bildschirm. Das Schwingfest soll ein Volksfest bleiben.»

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Volksstimme Nr. 70 / 2011