Nachtcafé vom 26.11.2015   Liste aller Gäste       

Markus Somm
Chefredaktor und Verleger der BaZ 

Markus Somm Monsieur provocateur

BaZ-Chef Markus Somm ist ein Mann der deutlichen Worte. Auch im «Volksstimme»-Nachtcafé nimmt er kein Blatt vor den Mund. «Basel ist eine verlorene Stadt», sagt der Zürcher. Und kommt im Baselbiet damit an.

Die «Volksstimme» hat dem Nachtcafé-Gast Markus Somm eine Bühne geboten. Und der Chefredaktor und Verleger der bürgerlich ausgerichteten «Basler Zeitung» (BaZ) hat sie genutzt. Die ansonsten insbesondere von linken Politikern gut besuchte Obere Fabrik in Sissach war vergangenen Donnerstag gefüllt mit BaZ-Lesern. Und insbesondere Somm-Fans. So hat es sich bei diesem Gastspiel in Tat und Wahrheit um ein Heimspiel gehandelt. Nach dem Talk mit Moderator Robert Bösiger drängten die Besucher zum Star des Abends vor, klopften ihm auf die Schultern und gratulierten zur hervorragenden Zeitung und zu den genialen sams­täglichen Leitartikeln. Ein Fan gab ihm gar eine Flasche Rotwein mit auf den Heimweg.

Der 50-jährige Somm hatte nicht wissen können, was ihn im Ober­baselbiet erwartet. Er wird auf dem Land kaum gesichtet und führt das Basler Leitmedium, das nach eigenen Aussagen die Hälfte seiner Leserschaft im Baselbiet verzeichnet, vom Aeschenplatz aus. Klar ist, dass der obere Kantonsteil traditionell bürger­lich wählt und abstimmt. Doch die Obere Fabrik ist eine Kulturinstitution und Sissach wird von Linken regiert. Gleich zu Beginn des Gesprächs wagte sich der Zürcher Somm aufs Glatteis und schlug den ersten Pflock ein: «Es gibt keine andere Stadt in der Schweiz, die so herablassend zu seinem Land steht wie Basel.» Der 80-Millionen-Deal zwischen den beiden Basler Regierungen sei eine Demütigung für den Landkanton. Schon immer habe er sich mit dem Baselbiet, der «rebellischen Region», verbunden gefühlt. Und die Krönung: «Basel ist aus bürgerlicher Sicht eine verlorene Stadt.»

Die Worte kamen an, Somm steckte am Donnerstag in der Rolle des Bejubelten. Das hätte sich anders entwickeln können. Doch auch eine Ablehnung seiner Person hätte «monsieur provocateur» wohl kaum gestört: «Ich nehme Kritik nicht sehr ernst.» Wenn man seine Meinung klar äus­sert, müsse man damit leben können. «Wenn ein Artikel nicht auf Widerspruch stösst, habe ich etwas falsch gemacht.»

Somm – der selbstironisch zugibt: «Unter meiner Führung hat sich die Auflage immerhin halbiert» – will seine Zeitung klar positionieren. Sie soll wieder zu einer Heimat für ihre Leserschaft werden. Doch selbst wenn das Blatt auf den gewünschten Kurs kommt, allzu optimistisch ist Somm nicht: «Ich bin mir nicht so sicher, ob die gedruckten Zeitungen überleben.» Wobei die Zeitungen als Marken stärker seien denn je: Im ­Online-Nachrichtenbereich seien die Websites der etablierten Print-Produkte führend. Das Problem aber sei, dass noch kein Verlag den Schlüssel dazu gefunden habe, wie man im Internet Geld verdienen kann.

«Ein sehr politischer Beruf»
Die BaZ fällt auf mit politisch motivierten Kampagnen, insbesondere gegen die Linke. Kein Wunder, gehört die Zeitung ja zu wesentlichen Teilen dem SVP-König Christoph Blocher und dem FDP-Mitglied Somm. Der BaZ-Chef versteht den Beruf des Journalisten als einen «sehr politischen». Es gehöre zum Handwerk, eine klare Position zu vertreten. Rhetorisch stark, wie Somm ist, kommt sogar das grösste Zugeständnis wie ein Geniestreich rüber: «Wir versuchen, unsere Auffassung im Text zu vermitteln und sie zu belegen.» Dafür gibt es ein Wort: Thesenjournalismus.

Der BaZ-Chef wirft den Medienschaffenden «Konformismus» vor: «Es herrscht ein Gruppendruck unter den Journalisten.» Die Schreiber würden einem Mainstream verfallen. Somms Vorschlag lautet, dass sie kein Geheimnis daraus machen sollten, mit welcher Partei sie sympathisieren. Doch gibt es eine der «sommschen» Auffassung gegenteilige Ideologie: Ein Journalist, der selbstständig denkt und in politischen Angelegenheiten eine Position mit eigenen, ­sachorientierten Argumenten vertritt, ohne irgendein Parteibuch zu konsul­tieren.

So viele positive Prädikate Markus Somm zweifellos verdient – «unabhängig» gehört nicht dazu.