Nachtcafé vom 05.04.2001   Liste aller Gäste       

Polo Hofer
Musiker/Sänger 

Polo Hofer Mundart-Rocker Polo Hofer war zu Gast im «Volksstimme»-Nachtcafé: Che Guevara und Dalai Lama in einem
Er kam, sah und siegte. Das Publikum im «Volksstimme»-Nachtcafé frass vergangenen Donnerstag Mundart-Rock-Urgestein Polo Hofer richtiggehend aus der Hand. Dieser gab sich gewohnt cool und trocken, und dennoch sass ihm stets der Schalk im Nacken. Das randgefüllte KIK dankte es immer wieder mit schallendem Gelächter.

pm. Zu vorgerückter Talk-Stunde war Polo Hofer so richtig in Stimmung geraten. Nachdem er schon ein paar Witze zum Besten gegeben hatte, rief er plötzlich ins Publikum: «Langweile ich euch?» Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen und wie aus einem Munde: «Nein!»
Zu Beginn des Talks, von «Volksstimme»-Chefredaktor Robert Bösiger nach seiner Befindlichkeit als Urvater der Dialekt-Szene befragt, gab sich Polo zufrieden: «Es zeigt, dass das heimische Kulturschaffen läuft». Mittlerweile sei die vierte Generation am Zuge, etwa mit «Scream» und «Airbag»; er selbst sei wohl der Dalai Lama des Mundart-Rocks.
Seine Haltung bezüglich des neuen, grossen Aushängeschilds Gölä, wurde nicht klar. Einerseits bezeichnete er ihn als «mein Göttibueb» und er habe auch schon mehrmals mit ihm musiziert. Andererseits zielte einer von Polos Witzen auf den Neuseeland-Auswanderer: «Was ist der Unterschied zwischen Gölä und einer Handgranate? Keiner: Wenn man es hört, ist es zu spät...»

Auftritte im Nachtclub
Das Sprichwort «Aller Anfang ist schwer» traf auch auf den jungen Lehrling Urs Hofer zu: Mit seiner ersten Band habe er oft im Nachtclub gespielt. «An einem Freitagabend sah ich meinen Vater da sitzen – aber er mich nicht!» Erst als sein Erzeuger anfing, mit einem Mädchen anzubandeln, habe ihn dieser bemerkt, so Polo. Weil der junge Musiker noch keine 21 Jahre alt war, liess der Vater «d Schmier» kommen und ihn abführen. Danach habe er zehn Jahre kein Wort mehr mit seinem Vater gewechselt, versichert Polo – ihn aber auch nicht bei der Mutter angeschwärzt.
Auf die Idee der Mundart-Texte kam Polo durch einen kurzfristigen Gefängnisaufenthalt. Die dem geschichtsträchtigen Einfall zugrunde liegende Erkenntnis basierte auf der Feststellung, dass man zu Mani Matter nicht tanzen könne. Nach seiner «ehrenhaften Entlassung» habe er Musiker zusammengetrommelt, um seine neue Idee umzusetzen: Der Anfang eines der wohl wichtigsten Kapitel der Schweizer Musik-Geschichte.

«Alperose» als Militärlied
Und seine Texte? Warum gebe es bei diesen so selten ein Happy-End, wollte Fragesteller Bösiger wissen. Polo wurde ernster: «Wer über das Leben singt, muss die Vergänglichkeit thematisieren. Ich kann die Leute nicht anlügen, das machen schon die Schlagersänger.» Die Leute hätten diese eigentlichen traurigen Geschichten eben gern, sie könnten sich damit identifizieren. Nicht zuletzt deshalb hätten wohl «Alperose» und «Kiosk» ihren Platz im neuen Schweizer Soldaten-Gesangsbuch gefunden.
Der Ausflüge in die Vergangenheit waren noch viele. Vor Lachen gebogen hat sich das KIK vor allem, als Polo von seinem Versuch erzählte, in den 70er-Jahren in die Stadtberner Politik Einzug zu halten. Aber auch seine Pläne für die nahe Zukunft liessen sich hören: Mit einem Kollegen hoch zu Ross durch die Lande traben.
Vieles, was der «Che Guevara der Hanffreunde» im Nachtcafé vom Stapel liess, war zwar vielleicht nicht die reine Wahrheit, dafür war der Unterhaltungswert umso grösser. Die Ohren gespitzt haben die zahlreichen Zuhörer natürlich, als es um die nächste Polo-CD ging. Vier Songs seien bereits im Kasten, welche unter anderem die Themen sexuelle Belästigung und Immigration behandelten. Ansonsten versuche er, so wenig wie möglich zu arbeiten, verriet Polo. Dies zumindest war glaubwürdig.