Nachtcafé vom 10.03.2016   Liste aller Gäste       

Bänz Friedli
Autor, Kolumnist und Kabarettist 

Bänz Friedli Berndeutsch-Lektion für Pressante

Die Erwartungen an einen ­gefeierten Kolumnisten und Neu-Kabarettisten sind etwas höher, wenn er zu Besuch im «Nachtcafé» sitzt, als bei einem Sänger oder einer Schauspielerin. Denn er ist auf Kleinbühnen der Grösste. Bänz Friedli überhüpfte diese ­erhöhte Hürde locker.

Schon lange ist seine Stimme bekannt aus dem Radio, seine Feder kennen wir aus den Zeitungskolumnen. Und spätestens seit Bänz Friedli den «Salzburger Stier», den angesehensten Kleinkunstpreis des deutschen Sprachraums, in seinen Trophäen-Stall stellen durfte, kann er nicht mehr als Geheimtipp verkauft werden. Dieses Attribut traf auf ihn ohnehin nur für kurze Zeit zu.

Im Publikum, das am vergangenen Donnerstag in sehr stattlicher Zahl und mit Frauen leicht in der Überzahl in die Obere Fabrik in Sissach gekommen ist, bereute es niemand, an diesem Abend dem «Nachtcafé»-Besuch den Vorzug vor dem FCB gegeben zu haben. Auch Bänz Friedli, ein bekennender YB-Fan und zugleich heimlicher Bewunderer des nun mal stärkeren FC Basel, dürfte seine Zusage an Moderator Robert Bösiger zumindest im Nachhinein kaum bereut haben.

Der FCB des Kabaretts
Es lässt sich darüber streiten, ob der Kolumnist nach seinem Einstieg in die Kabarett-Szene national bereits den FCB in diesem Metier verkörpert, aber sicher schwebt er längst über dem YB-Niveau. Im Zwiegespräch nahm er Bösigers Steilpässe stets geschickt auf und setzte Mal für Mal, kunstvoll dribbelnd, zu einem Solo an.

Das Tempo seiner Sprache und seines Denkens ist für Berndeutsch Weltrekord-verdächtig. Die Zuhörer sind beim Mithirnen bisweilen sogar so gefordert, dass manche Pointe («Migros-Kinder und Coop-Kinder sind wie FCB- und YB-Fans. Es geht nur das eine oder andere») und mancher Seitenhieb («Katastrophen wie zum Beispiel Köppel») untergeht.

Kein Wunder, fliesst bei ihm Kolumne um Kolumne scheinbar locker aus der Feder. Die Angst, kurz vor Liefertermin ideenlos vor einem blanken Blatt zu sitzen, kenne er nicht, sagt er, und niemand im Saal würde das zu bezweifeln wagen. Denn Bänz Friedli erweckt nie den Anschein, ­etwas beschönigen oder aber dramatisieren zu wollen. Und er ist geradeheraus, nicht einfach der Spassmacher, der von seinem Wortwitz und seiner Schlagfertigkeit zehrt. So kann er auch zum Wutbürger werden wie damals als Vater einer heranwachsenden Tochter bei der Polanski-Affäre, als er weniger appetitlich titelte: «Ein Kinderschänder ist ein Kinderschänder ist ein Kinderschänder».

Wenn 1000 Frauen Spiegel fegen
Ihn nervt es auch, ständig als «Hausmann der Nation» gehandelt zu werden. Dass er in dieser Rolle gleichwohl in jeder Fernsehsendung zu diesem Thema sitzt, ist für ihn kein Widerspruch: «Ich möchte einfach dagegen ankämpfen, damit etwas Aussergewöhnliches zu tun.» Oder, wie er sich bildlich ausdrückt: «Wenn ich den Badezimmerspiegel putze, ist das eine ‹Blick›-Schlagzeile. Dass zur gleichen Zeit tausend Frauen gerade dasselbe tun, interessiert niemanden.»

Und so erzählt der putzmuntere «Nachtcafé»-Gast drauflos, und das Publikum weiss nicht, ob es erst lachen oder nachdenken soll. Längst ist die Talkstunde verstrichen, als der Gast noch eine neue Kabarett-Nummer («heute erst geschrieben») zum Besten gibt. Irgendwie geht diese «Weltpremiere», wie sie Robert Bösiger ankündet, beinahe fliessend aus dem Gespräch hervor, als ob die Stunde zuvor bereits eine einzige Kabarett-Darbietung gewesen wäre.

Bald im Ballenberg des Bürgertums
Als Kabarettist wird Bänz Friedli im August in Basel zu sehen sein – im «Tabourettli», wie er mit extrem langgezogenem «A», das Baseldytsch imitierend, immer wieder sagt. «Die Basler haben den Humor erfunden, meinen sie», sagt er zum Beispiel in den Saal, im Bewusstsein, in Sissach mit Sticheleien Richtung Rheinknie zu punkten. «Basel ist ein Museum – kein Hunds­keigel, nichts.» Oder: «Basel ist das Ballenberg des Grossbürgertums.»

Wer eine Stunde lang solche Sätze aneinanderreiht wie YB eine Saison lang Pleiten, der muss sich nicht fürchten, als Kabarettist vor leeren Stuhlreihen aufzutreten. Auch nicht im «Taaaaabourettli».