Maya Wirz, singende Buschauffeurin aus Kaiseraugst, kann nicht nur mit ihrem Gesang beeindrucken. Mit ihrem ungekünstelten Auftritt hatte sie im «Volksstimme»-Nachtcafé ihre Zuhörer bereits in den Bann gezogen, noch bevor sie sang.
jg. Es war weit mehr als bloss eine feine Vorspeise auf den einzigartigen Nachtcafé-Herbst mit Eveline Widmer-Schlumpf am 14. September und mit Emil am 30. Oktober. Sicher wird die Bundesrätin zwei Wochen nach dem Besuch von Maya Wirz Brisanteres, Gewichtigeres zu erzählen haben, und wird zwei Monate nach ihr beim Auftritt von Emil mehr gelacht. Aber Maya Wirz hat am vergangenen Donnerstag ihre Zuhörer in der sehr gut besetzten Oberen Fabrik zu beeindrucken verstanden.
Die 50-jährige Frau aus Kaiseraugst, die im vergangenen Jahr vom Fernsehpublikum zum «grössten Schweizer Talent» erkoren und als die singende Buschauffeurin tituliert wurde, faszinierte vor allem durch ihre authentische, ungekünstelte Art. Diese Gabe hilft ihr auch dabei, ihren damaligen Erfolg richtig einzuordnen, den Pfad zwischen Träumen und Tatsachen zu finden.
Zwischen Traum und Tatsachen
Der Kopf in den Lüften, die Füsse auf dem Boden. «Ich bin kein Bo Katzmann», sagte sie zum Beispiel im Verlauf des Gesprächs mit Nachtcafé-Gastgeber Robert Bösiger. Die Bewunderung für den Unterbaselbieter, der sein musikalisches Talent selbstbewusst in ein Geschäftsmodell umwandeln konnte, ist unüberhörbar. Denn sie musste selber schnell erkennen, wie schwer es ist, in dieser Branche richtig Fuss fassen zu können. Ihr Schilderungen klingen aber nicht bitter, öfters werden sie, nachdem die Frau ihre anfängliche Scheu schnell abgestreift hat, von einem herzhaften Lachen begleitet.
Nichts versinnbildlicht diese Realität mehr als ihre berufliche Situation: Maya Wirz, der anscheinend vor einem Jahr das ganze Land zu Füssen lag, sitzt heute halbtags hinter dem Steuer eines Baselbieter Linienbusses, die restliche Zeit investiert sie in ihre späte, vielleicht zu späte Gesangskarriere. Im Herbst wagt sie sich auf ihre erste eigene Tournee. Dann muss sich beweisen, ob ihre Popularität auch eineinhalb Jahre nach ihrem Triumph noch gross genug ist.
Die Frau, die daheim schon einmal auch «Pink Floyd» oder «Rolling Stones» hört, träumt davon, einmal eine ganze Oper etwa von Verdi oder Puccini singen zu dürfen. Doch sie weiss, dass dazu zuerst viel Arbeit, Training und Seriosität sowie danach auch Glück nötig sind. Immerhin trat sie bereits mit Paul Potts im KKL in Luzern auf, für sie persönlich künstlerisch der Höhepunkt.
Ein Abend zum Geniessen
Weil dies aber für Maya Wirz trotz ihrer nationalen Berühmtheit nie Alltag sein wird, sagt sie zum Publikum gewandt: «Ich geniesse solche Abende wie heute in vollen Zügen.» Das beruhte am Donnerstag wohl ganz auf Gegenseitigkeit – erst recht, als Maya Wirz das nicht ganz einstündige Gespräch mit Judy Garlands Lied «Over the Rainbow» abschloss. Ohne Mikrofon sang sie es problemlos in den hohen Raum. Und schwebte irgendwo über dem besungenen Regenbogen, wo sie zwischendurch ihre Gedanken hintragen.
Bilder zum Nachtcafé mit Maya Wirz finden Sie in unserer Galerie auf www.volksstimme.ch
Volksstimme Nr. 97 / 2012