Nachtcafé vom 04.10.2001   Liste aller Gäste       

Roger Brennwald
Turnierdirektor  

Roger Brennwald «Volksstimme»-Nachtcafé mit Roger Brennwald: Der gesunde Menschenverstand als Erfolgsrezept
Der Swiss-Indoors-Turnierdirektor Roger Brennwald war am vergangenen Donnerstag zu Gast im «Volksstimme»-Nachtcafé. Für einmal sprach er nicht nur über Tennis, sondern ganz andere Dinge, die ihn zurzeit beschäftigen. Er verriet auch, was ihm die Kraft gibt, seinen Job zu machen.

wi. Vor ungewohnt kleiner Gästeschar empfing «Volksstimme»-Sportredaktor Daniel Aenishänslin einen Mann, der in der Region Tennisgeschichte geschrieben hat: Swiss-Indoors-Turnierdirektor Roger Brennwald.
Dass er früher ein Leichtathlet gewesen sei, sei nicht logisch, genauso gut hätte er «Sackgumpen» können, scherzte Brennwald. Immerhin habe er in der Leichtathletik alles gewonnen; 100 Meter, 200 Meter, 300 Meter dann sei ihm langsam der Schnauf ausgegangen. Eine Zeit lang war Brennwald der kleinste Handballspieler der Schweiz. Und der einzige Nationalspieler, der nie einen Match gewonnen hat. Brennwald hatte die Lacher auf seiner Seite.

Geld für eine Ballonhalle
Als er vor über dreissig Jahren die Idee hatte, eine Ballontennishalle zu betreiben, fehlte ihm das Geld. Bei den Grossbanken sei er ausgelacht worden. «Diese 40000 Franken sehen wir nie wieder», hätten ihm die Bankiers beschieden. Die Genossenschaftliche Zentralbank GZB habe ihm dann den Kredit bewilligt - - mit einem Amortisationsplan auf 25 Jahre. Brennwald betonte, dass er das Geld in drei Monaten wieder zurück bezahlt habe.
Als sein Erfolgsrezept bezeichnete Brennwald den gesunden Menschenverstand. Er als Nichtakademiker müsse oft über Sportmarketing sprechen, über Sportphilosophie und über Sportsponsoring, aber er könne gar nicht genau sagen, was das ist.
Die Frage der Abhängigkeit der Swiss-Indoors von der Swissair führte Brennwald endgültig zur Weltlage. Es könne so nicht mehr weiter gehen. «Der Bogen wurde überspannt.» Die Politiker seien nur noch Handlanger der Wirtschaftsleute. Es regiere Gier und Machtgier. «Wir sind auf dem Holzweg.» Brennwald regte an, aus dem World Economic Forum in Davos einen Gipfel zur Schaffung einer neuen Weltordnung zu machen.
Zurück zum Tennis schilderte Brennwald, wie er 1977 mit 50 Zuschauern angefangen habe. Damals gewann Björn Borg das Turnier. Doch auch im Tennis finde eine falsche Entwicklung statt. «Man will immer mehr.» Wimbledon diktiere das Tennis. Er sei schon lange für grössere und schwerere Bälle, aber da sei nichts zu machen. Ausserdem habe man Gras gemacht, damit Kühe weiden können, und nicht um Tennis darauf zu spielen.

Sauberer Sport
Tennis fasziniere ihn, weil es ein sauberer Sport sei, führte Brennwald aus. Jeder Ballwechsel sei wie ein Penalty im Fussball. Ein Spiel könne jederzeit wieder kippen. Tennis sei auch ein psychologisches Spiel, sinnierte Brennwald. Der ehemalige Devisenhändler bei der Bank für internationalen Zahlungsverkehr legte dar, dass er jedes Engagement aus ideellen Gründen betrieben habe. Viele Leute im Sport würden sich aber bewegen, um sich zu profilieren.
Die Swiss-Indoors seien ein Team von 30 Leuten. Während des Turniers sei ein Balljunge genauso wichtig wie der Managingdirektor. Brennwald bezeichnete Sport als sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Anstatt alles Geld in Projekte wie Sion 2006 zu «buttern», würde man lieber bestehende Sportanlässe unterstützen. Die 13 grössten Sportveranstaltungen, sie haben sich zur Vereinigung Swiss Top Sport in der Schweiz zusammengeschlossen, hätten in fünf Jahren dieselbe Wertschöpfung wie einmal olympische Winterspiele, habe man herausgefunden.
Er frage sich, wo eigentlich die 85 Millionen Franken für den Breitensport hinfliessen würden. Spitzensportler seien doch die Motoren für den Breitensport, dort werde indessen das Geld abgezogen. Die Swiss-Indoors hätten noch nie einen Franken Geld erhalten vom Staat. Im Gegenteil: man liefere jedes Jahr 5,1 Millionen Franken an staatlichen Abgaben ab.
Auf die Sicherheitslage nach den Anschlägen in New York oder auch in Zug angesprochen meinte Brennwald, es gebe eben keine absolute Sicherheit. Er vertraue auf Gott. Zum Thema Glauben meinte Brennwald später: Als seine Mutter gestorben ist, habe er das Licht erfahren. Er könne das nicht näher erklären. «Es war ein Lichtrausch.» Für ihn gebe es kein deutlicheres Zeichen für das Überirdische.
Brennwald wurde sehr persönlich, als er von einer Lawine von Schicksalsschlägen erzählte. Er habe innert kürzester Zeit seine Schwiegereltern und seine Frau verloren. Sie haben keine andere Wahl, als mit Schicksalsschlägen umzugehen. Der grösste Fehler sei, sich in Arbeit zu stürzen, um das zu verarbeiten. «Das holt einem wieder ein.»
Obwohl die anstehenden Swiss-Indoors gigantisch würden, stehe das Turnier für ihn im Moment nicht im Vordergrund. Er könne auch nicht sagen, die Swiss-Indoors seien gesichert. Von den 800 Firmen, die sie unterstützten, sei ein Drittel im nächsten Jahr vielleicht nicht mehr dabei. Alles würde vom Weltgeschehen diktiert. Würde es die Swiss-Indoors nicht mehr geben, so hätte er wenigstens mehr Zeit um mit dem Hund spazieren zu gehen, meinte Brennwald.