Matthias Hagemann
Verleger
Matthias Hagemann im «Volksstimme»-Nachtcafé: Dem Druck aus Zürich standhalten
Politische Benachteiligung, «Verzürcherisierung» und sinkende Auflage der «Weltwoche». Matthias Hagemann, Chef der Basler Mediengruppe sprach im «Volksstimme»-Nachtcafé im KiK Klartext. Dabei prognostizierte er der Schweizer Medienlandschaft nicht nur eine rosige Zukunft.
los. Auf den ersten Blick ist er beinahe unscheinbar. Adrett gekleidet, seine Worte gut überlegend, wirkt Matthias Hagemann, Chef der Basler Mediengruppe, intelligent und sehr moderat, vielleicht aber auch etwas trocken.
Es waren denn auch eher die ernsten Themen, über die sich Hagemann im «Volksstimme»-Nachtcafé ausliess. Persönliches konnte «Volksstimme»-Chefredaktor Robert Bösiger nur wenig aus dem Vater von zwei Kindern, Hobbysportler und Rollerfahrer herauslocken.
Engagierter zeigte sich Hagemann beim Thema «Weltwoche». In Kürze wird der Prestigetitel in ein anderes Format umgewandelt, um die «schwierige Phase» der Wochenzeitung zu überwinden. «Wir wollen uns mit dem neuen Format von der starken Konkurrenz abheben und nehmen das «Facts» ins Visier. Wir haben in diesem Magazin einen Schwachpunkt geortet.» Zeit für den finanziellen «Turnaround» gibt Hagemann Chefredaktor Köppel drei Jahre: «Das ist der Zeitraum, den sich Köppel selber ausbedungen hat und den wir glauben einhalten zu können.»
Ein Jahr für Überblick
Verleger Hagemann hat Jura studiert und hat 1997 die Leitung der Basler Mediengruppe von seinem Vater Hans Rudolf übernommen. Ein Jahr habe es gedauert, bis er den Überblick über die gesamte Mediengruppe mit seinen über 2000 Mitarbeitern gehabt habe. «Ab diesem Zeitpunkt war es aber relativ einfach.»
Mit Restrukturierungen und Konzentration aufs Kerngeschäft machte er sich den Überblick noch leichter. Verschiedene Teile der Gruppe wurden verkauft, so dass sie heute noch rund 1600 Mitarbeiter umfasst. «Weise Entscheide», wie Hagemann sagt. Unrentable Geschäftsteile wurden gewinnbringend abgestossen, und die Arbeitsplätze konnten erhalten bleiben.
Immer wieder kam Hagemann während des Gesprächs auf die Benachteiligung der Mediengruppe und insbesondere der BaZ durch die Politik zu sprechen. Es sei zum Beispiel ein «ganz dicker Hund» gewesen, als die BLT die Gratiszeitung «20 Minuten» an allen Haltestellen platzierte und nicht den «Baslerstab», der zur Hagemanns Gruppe gehört. Heute sei jedoch der Disput mit der Regierung vergessen, betonte der Jurist.
Auf die gleichen Gründe führt es Hagemann zurück, dass die Mediengruppe kein eigenes Radio besitzt. «Als vor rund 18 Jahren die Radiokonzessionen vergeben wurden, hiess es «alle, nur nicht die BaZ; die Politiker hatten Angst vor einem regionalen Monopol.» Im gleichen Atemzug wetterte Hagemann gegen die allgemeine «Verzürcherisierung» der Schweizer Medienlandschaft: «Es gibt noch genau drei Regionen, wo die Zürcher (tamedia, NZZ, Ringier) nicht die Finger im Spiel haben. Es sind dies Graubünden, der Aargau und unsere Region.» Die Zürcher könnten ohne Probleme Medien im Bernbiet, im Luzernischen oder in der Ostschweiz aufkaufen, weil dort kein regionales Monopol entstehe. «Dass die Politik mit dieser Regelung gleichzeitig ein nationales Monopol fördert, wird nicht erkannt.»
Hagemann gab zu, sich schon einige Sorgen in Bezug auf die Zürcher Verlagshäuser zu machen. «Was passiert, wenn es den Zürchern plötzlich einfällt, Radio Basilisk zu kaufen und sie sich direkt vor unserer Tür einnisten? Rein finanziell können wir mit den Zürchern nicht mithalten.»
TV3 absetzen
Zum Schluss forderte Robert Bösiger von Hagemann eine Prognose der Medienlandschaft in der Schweiz und speziell in unserer Region für das Jahr 2010. Im Printbereich schien ihm die Antwort relativ leicht zu fallen. Er prognostiziert Lokalblättern mit engagierten Verlegern sowie Regionalzeitungen mit einer Auflage von über 100000 Exemplaren eine gesicherte Zukunft. Jede Region, so Hagemann, werde auch in Zukunft eine starke Zeitung haben.
Im elektronischen Bereich tat sich Matthias Hagemann ungleich schwerer. Er konnte nicht genau sagen, wie sich die Konvergenz von Internet und Fernsehen in Zukunft entwickeln wird. Ein klares Votum gab er zum Privatsender TV3 ab: «Der nächste CEO von tamedia sollte den Sender ersatzlos streichen. Das wäre ein wirklich guter Entscheid.» Den lokalen und privaten Fernsehsendern gibt er ohnehin keine grossen Überlebenschancen.
Wie die Zukunft für sein Paradepferd aussieht, konnte Hagemann auch nicht genau sagen. Er betonte, dass die «Basler Zeitung» vor allem in der regionalen und lokalen Berichterstattung noch zulegen müsse. Er wolle, «dass die Leute über die Zeitung sprechen «möglichst jeden Tag.» Grosse Auflagensprünge erwartet er jedoch nicht. «Ich halte nicht viel von Auflagenerhöhung à tout prix. Das macht wenig Sinn.» Er denke eher an den Schwellenwert; dieser liege bei der BaZ bei 100000 Exemplaren. «Und diesen Wert erreichen wir momentan noch locker.»