Heiko Vogel
Trainer FC Basel
FC-Basel-Trainer Heiko Vogel zog im «Volksstimme»-Nachtcafé alle Register seiner Schlagfertigkeit. Der Neo-Meistermacher äusserte sich zu Xherdan Shaqiri, Christian Constantin und Thorsten Fink – und enthüllte, warum er so lange nur Interims-Trainer blieb.
pm. Dass der FCB-Trainer und frischgebackene Meistermacher Heiko Vogel authentisch und keinesfalls auf den Mund gefallen ist, weiss die rot-blaue Region schon seit Längerem. Auch im «Volksstimme»-Nachtcafé vom Donnerstagabend sprach Vogel so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Mit seinem Schalk und seiner Schlagfertigkeit hatte der 36-jährige Pfälzer den mit weit über 200 Personen prall gefüllten Saal in der Oberen Fabrik in Sissach im Nu im Sack.
Rund eine Stunde beantwortete der sympathische Rotschopf die Fragen von «Volksstimme»-Chefredaktor Jürg Gohl. Hier einige Impressionen aus der «Vogel-Perspektive».
Zu seinem Werdegang: «Gegen den Ball zu treten, ist ein gutes Gefühl. Ich war in meiner Jugend beim Fussball nicht der Fleissigste. Dies und eine Verletzung haben meiner Profifussballer-Karriere das Genick gebrochen. Aber ich liebe Fussball, er ist mein Lebenselixier. Also wurde ich Sportstudent. Erfolg als Aktiver ist für den Trainerjob nicht zwingend nötig. Letztendlich siegt die Kompetenz.»
Warum er trotz seines Erfolgs «geerdet» bleibt: «Demut ist wichtig, damit man den Erfolg richtig einschätzen kann. Das lebe und bete ich auch den jungen Spielern vor. Es ist ein Privileg, mit Fussball sein Geld zu verdienen. Mit Demut kann man das ein Stück weit zurückgeben.»
Auf die Frage, wie wichtig er im Gesamtgefüge des FCB sei – der grosse Chef oder nur ein Rädchen in der Maschinerie: «Ich bin das grösste Rädchen.»
Zum spät kommunizierten Entscheid, dass er definitiv FCB-Cheftrainer wird: «Wir haben damals jedes Spiel gewonnen. Im Fussball ist man abergläubisch, also haben wir die Interims-Phase auf meinen Wunsch so lange durchgezogen.»
Zu Thorsten Fink: «Nein, er hat mir nicht zum Meistertitel gratuliert. Aber das verstehe ich. Es ist ein schöner Druck, den Titel gewinnen zu können, aber ein unschöner, gegen den Abstieg zu spielen. Das kann bei einem Trainer durchaus Existenzängste auslösen.»
Zu Xherdan Shaqiri: «Sein Wechsel zu den Bayern sagt alles über seine Qualität. Ich würde ihm am liebsten den ganzen Tag zuschauen – nicht nur beim Fussballspielen. Er ist natürlich und selbstbewusst und hat sich trotz des Erfolgs keinen Millimeter verändert. Es ist schön, dass er sich ein Ziel gesetzt hat, in das er noch ganz viel investieren muss. Ich wünsche ihm eine furiose Karriere.»
Zur schallenden 0:7-Klatsche gegen Bayern: «Das war zwar eine schallende Ohrfeige, aber kein Genickbruch. Ich sagte in der Kabine zur Mannschaft: Sch...egal! Weiter gehts!»
Zum Sieg über Manchester United: «Als Alex das zweite Tor geschossen hat, dachte ich: Leck mich am Arsch! (zu den Kindern im Publikum gewandt:) Ohren zu!»
Zum Champions-League-Final: «Chelsea hat für dieses Ziel 700 Millionen investiert, aber sie werden es wieder nicht schaffen.» (Gemurmel im Publikum) «Ja, ich will halt lieber gegen den Champions-League-Sieger ausgeschieden sein.»
Zur Frage, ob er als Trainer unter Sion-Präsident Christian Constantin arbeiten würde: «Ja, aber nicht lange.»
Zur Mundart: «In Basel verstehe ich es schon. Aber wenn ich nach Zürich fahre: keine Chance!» (Riesenapplaus) «Das war jetzt nicht populistisch gemeint!»
Zur Nachspielzeit: «Es ist für mich ganz furchtbar, wenn wir 1:0 vorne liegen und dann gibt es vier Minuten Nachspielzeit. Ich will dann nur noch den Schlusspfiff. Einmal schrie ich meinen Assistenztrainer Marco Walker an, wie lange das Spiel denn noch dauere. Er sagte: Nur weil du brüllst, geht die Zeit nicht schneller um. Daraus habe ich gelernt. Wenn man sich aufregt, geht wichtige Energie verloren. Gerade in diesem Moment hilft es der Mannschaft, wenn der Trainer Ruhe ausstrahlt.»
Zum FCB 2012/2013: «Ich habe Respekt vor dem sich abzeichnenden Umbruch in der Mannschaft. Aber er birgt auch die Chance für Neues und kommt zur richtigen Zeit, nämlich nach einer Epoche mit drei aufeinanderfolgenden Titeln. Jetzt können jüngere Spieler mehr Verantwortung übernehmen. Das ist kein Erfolgsdruck, sondern eine Verpflichtung.»
Zu seiner Zukunft beim FCB: «Ich bin hier überglücklich und weiss, dass diese Chance keine Selbstverständlichkeit ist. Man sollte sowieso keine zu grossen Zukunftspläne schmieden. Mir ist wichtig, dass ich mich wohlfühle. Das ist in Basel der Fall und wird noch eine Weile so bleiben.»
Neben Applaus und Lachern waren auch der Liebesbekundungen viele: Kaum beklagte sich Vogel über die Hitze, kam schon ein Zuschauer gerannt, um ihm ein Taschentuch zu überreichen. In der Publikums-Fragerunde wurde er mehr als einmal nichts gefragt, sondern einfach für seine tolle Leistung verdankt. Freilich zierte sich Vogel nicht, nach dem Talk zahlreiche Autogramm- und Fotowünsche zu erfüllen.
Bilder zum Nachtcafé mit Heiko Vogel finden Sie in unserer Galerie auf www.volksstimme.ch
Volksstimme Nr. 52 / 2012