Karin Lanz
Eigentlich die Schönste im ganzen Land
ch. Als sie erfuhr, dass sie den Final der schönsten Sechzehn des Landes erreichte, habe sie geheult vor Freude. Und als — nach wochenlangem Trubel — feststand, dass sie nicht gewinnen würde, da sei ihr ein Stein vom Herzen gefallen: «Ich lachte innerlich und dachte für mich: ‹Endlich ist es vorbei›!» Karin Lanz, die fotogenste Frau des Landes, plauderte im «Volksstimme»-Nachtcafé über ihre Eindrücke und Gefühle an der Miss-Schweiz-Wahl.
Den Juroren des Finals stellte die 21jährige Schneiderin mit Berufsmatura ein denkbar schlechtes Zeugnis aus: das einzige, was eine Rolle gespielt habe, sei die Lust und Laune der Jury gewesen, urteilt sie. Nur so kann sich die Schöne erklären, dass sie es trotz reichlicher Vorschuss-Lorbeeren und des Titels der «Miss photogenique» nicht einmal in den Final der schönsten Sechs geschafft hat. In den beiden Vorjahren war jeweils der Fotogensten auch die Schärpe der Schönsten umgehängt worden. Immerhin könne sie sich mit der neuen Titelhalterin einverstanden erklären. Sonja Grandjean habe in ihrer persönlichen Wertung unter den ersten vier figuriert.
Die Art und Weise, wie mit den Kandidatinnen auf den prestigeträchtigen Titel im Vorfeld der landesweit übertragenen Show umgesprungen wurde, kritisierte Lanz scharf: Nur mit einem Badeanzug bekleidet, sei sie in der Vorausscheidung von einer Jury von allen Seiten begutachtet worden. «Ich bin mir ein wenig vorgekommen, wie an einer Viehschau.» Und später, bei den Vorbereitungen auf die Wahl, hätten die Medien versucht, die Finalistinnen blöd und hässlich darzustellen. An der Wahl selbst hätten die Kandidatinnen nicht über ihr Outfit mitbestimmen dürfen. Am meisten aber habe sie sich daran gestört, dass auf die Persönlichkeit der Schönen offenbar kein Wert gelegt worden sei: «Geradeauslaufen war alles, was man bis zum Final der letzten Sechs können musste.»
Was der von der Jury verschmähten Schönen vom Abenteuer Miss-Wahl bleibt, ist ein Fulltime-Job bei einer Model-Agentur. Trotz aller Ungemach hat Lanz also ihr Ziel erreicht. Denn Motivation für ihre Teilnahme an der Wahl war die Chance, in der Modebranche Kontakte zu knüpfen. Dort sehe sie langfristig ihre Zukunft. Heute Model, morgen Mode-Macherin?
Im weiteren Gespräch versicherte die kurzhaarige Blonde dem grösstenteils männlichen Publikum im «KIK» , dass sie jeden Morgen — beim Zähneputzen — nicht mehr als zehn Minuten vor dem Spiegel verbringe, sie keinen Freund habe, der Traummann ihr hohes Tempo mitgehen können müsse und dass sie dereinst stolz auf jede Falte sein werde.
Volksstimme Nr. 98 / 1998