Nachtcafé vom 15.02.2010   Liste aller Gäste       

Peter Knäbel
Technischer Direktor SFV 

Peter Knäbel «Mit etwas Glück ist alles möglich»
Von seinen ersten Schritten als Fussballer, der Arbeit im Schweizer Nachwuchsfussball und seiner Prognose für die diesjährige Weltmeisterschaft berichtete Peter Knäbel im «Volksstimme»-Nachtcafé.

sg. Einer blieb am Freitagabend unauffindbar: Kofi Ntiamoah Nimeley. Der U17-Weltmeister wäre eigentlich gemeinsam mit Peter Knäbel Gast im «Volksstimme»-Nachtcafé gewesen. Zwar ist der FCB-Nachwuchsspieler nicht erschienen – und auch das Publikum blieb mit rund 30 Gästen in erstaunlich intimem Rahmen. Doch die Anwesenden bereuten ihr Kommen nicht.
Denn Peter Knäbel wusste einiges Interessantes zu berichten. So zum Beispiel davon, dass der Begriff des «Technischen Leiters» im Fussball eine eher abstrakte Sache sei. Während sechs Jahren hat er in dieser Funktion beim FC Basel gearbeitet, bevor er vergangenes Jahr zum Technischen Direktor des Schweizerischen Fussballverbands (SFV) berufen wurde. Dass nicht  jeder weiss, was ein technischer Leiter eigentlich ist, habe eines Tages ein Fernsehmitarbeiter bewiesen. Wo er denn seine Kabel verlegen könne, habe er vor einer Match-Liveübertragung am Telefon von Knäbel wissen wollen: «Da habe ich schon etwas blöd geguckt.»
Unter der Leitung des 43-jährigen Deutschen war bereits der FC Basel in den vergangenen Jahren zur führenden Adresse in der Schweizer Nachwuchsarbeit geworden. Und nun konnte Knäbel also quasi als erste Amtshandlung beim SFV den U17-Weltmeistertitel feiern. Einen Titel, der laut Knäbel ein Produkt der positiven Entwicklung des Schweizer Nachwuchsfussballs in den vergangenen 15 Jahren ist: «Nicht nur in den Nachwuchs-Auswahlen, auch in den Klubs und in der Trainerausbildung wurde hervorragend gearbeitet.»
Aber trotz aller Freude über den unerwarteten Triumph an der U17-WM: «Uns muss bewusst sein, dass das nicht automatisch bedeutet, dass wir in einigen Jahren mit den gleichen Spielern in der A-Nati für Furore sorgen werden», so Knäbel. Die Stärke der Schweizer sei die Kollektiv-Ausbildung. Um jetzt weiter zu kommen, gelte es, auch einmal einzelne Spieler oder Trainer in einen Champions-League-Halbfinal oder -Final zu bringen.

Gegen einen Ball gelaufen
Der ehemalige Fussballprofi Peter Knäbel berichtete im Gespräch mit Daniel Aenishänslin auch von seinen ersten Schritten als Fussballer. «Ich bin wohl als Einjähriger mal gegen einen Ball gelaufen und da dachten natürlich alle, ich werde mal ein Fussballer.» Er selber sei allerdings überzeugt, dass niemand als Fussballer geboren werde. Das Umfeld habe einen grossen Einfluss auf die Wahl des Hobbys.
Als es dann bei ihm um die Wahl des ersten Fussballklubs ging, habe er selber «kein Mitspracherecht» gehabt. Sein Grossvater hat ihn bei Borussia Dortmund untergebracht. Geliebt hat er den Fussball während seiner ganzen Karriere aber immer. «Mir spielte es nie eine Rolle, ob ich im Stadion vor 8000 Zuschauern oder im Training vor acht Rentnern spielte – ich wollte einfach Fussball spielen.»
Dass er trotz eines verlockenden Angebotes in den Anfängen seiner Karriere nicht zu Bayern München gewechselt hat, sieht Knäbel nicht als falsche Weichenstellung: «Ich denke nicht, dass meine Karriere anders verlaufen wäre, wenn ich in München gespielt hätte.» Am Ende sei seine fehlende Schnelligkeit «schuld» gewesen, dass er es zwar in die Bundesliga, aber nie nach ganz oben gebracht habe.

«Typisch Deutscher eben»
Nicht ganz oben, sondern ganz unten musste er in der Schweiz dafür mit der Trainerausbildung beginnen. Als er als Spielertrainer des FC Winterthur zuerst noch das C-Trainerdiplom erarbeiten musste, war er überhaupt nicht einverstanden. «Ich ging mit der Einstellung in diesen Kurs, dass ich ja eh schon alles kann – typisch Deutscher eben», so Knäbel. Doch er sei eines Besseren belehrt worden: «Die Trainerausbildung hier in der Schweiz ist ausgezeichnet. Wir mussten schon im C-Diplomkurs richtig viel lernen.»
Und weil er in der Schweiz eine hervorragende Trainerausbildung genossen habe und es ihm hier auch sonst sehr gut gefällt, sei er in der Schweiz geblieben – und habe später sogar ein Angebot ausgeschlagen, Trainer der deutschen U21-Nachwuchsnationalmannschaft zu werden.
Apropos deutscher Verband: Peter Knäbel liess sich von Daniel Aenishänslin gar noch ein kleines Interna entlocken. Auf den Rünenberger Urs Siegenthaler, Chefscout der deutschen Nationalmannschaft, angesprochen, zeigte sich Knäbel überzeugt davon, dass dieser bald als Manager zum Hamburger SV wechseln werde – das nennt man wohl «aus dem Nähkästchen plaudern».

Zu wenig Qualität für den Titel
Schliesslich wollte das Publikum von Knäbel auch eine Prognose für die kommenden Weltmeisterschaften in Südafrika hören. Auf sein Heimatland Deutschland angesprochen, gab er sich alles andere als optimistisch: «Dieses Team hat zu wenig Qualität für den Titel – ich sehe es maximal im Halbfinal.»
Verhältnismässig deutlich optimistischer äusserte sich der Wahl-Schweizer und SFV-Mitarbeiter über unsere Nationalmannschaft: «Ich erwarte, dass wir einen äusserst spannenden Achtelfinal spielen. Und dort ist dann mit etwas Glück alles möglich.» Trainer Ottmar Hitzfeld sei jedenfalls heiss auf dieses Turnier «und ich bin überzeugt, dass wir nach der WM stolz sein dürfen auf das Schweizer Team».

Volksstimme Nr. 19 / 2010