E. Straumann und A. Klein
Die beiden Bewerber für den Regierungsrat.
cb. Macht? Wie unappetitlich. Der eine Bewerber will «mitgestalten», der andere findet den Posten des Regierungsrats einfach «glatt» und «interessant». Prestige? Es sei eine «schöne Nebenwirkung, wenn einem die Leute kennen», findet der eine. Und sein Vis-à-vis nimmt es gerne in Kauf «wenn das Posten jetzt halt noch etwas länger dauert».
Eitelkeit? Der eine hat «Spass» an den Wahlkampf-Auftritten, der andere vermisst es sogar, «wenn ich abends keinen Auftritt habe». Fazit fürs Publikum: beide Kandidaten sind hier verwurzelt, ein ganz klein wenig selbstsüchtig und überhaupt nicht machtbewusst, aber nur einer hat einen Schnauz.
Im Frage-Antwort-Spiel des «Volksstimme»-Chefredaktors Robert Bösiger mit Andres Klein (SP Gelterkinden) und Erich Straumann (SVP Wintersingen) blieb die Politik weitgehend aussen vor. Nur soviel: Andres Klein wünscht sich die Ausstrahlung von Ursula Koch und orientiert sich an Willi Brandts Devise, dass Demokratie ein unverzichtbares Wagnis sei. Und: Erich Straumann sieht sich näher bei Adolf Ogi als bei Christoph Blocher.
Dafür öffneten die beiden Möchtegern-Magistraten die Tür zu ihrem Privatleben einen kleinen Spalt weit. Erich Straumann liebt als Bauer den Umgang mit seinen «Schöfli». Von einem braunen Kittel, der ihn als Landwirt outet, lässt er sich auch vom Wahlkampfleiter nicht abhalten. Er findet die Visionen des Erich von Däniken interessant.
Erwachsenenbildner Andres Klein zieht es mehr zu den Menschen hin: «Ich habe im Ökobüro lange genug Papier produziert.» Bei der Kleiderwahl unterstützt ihn seine Frau. Auf die einsame Insel nähme er das Buch eines bekannten Reiseschriftstellers über die australischen Ureinwohner mit.
Schwächen? Straumann hat Mühe mit Fremdsprachen, kann nicht kochen und nicht bügeln. Klein hat zwar das Bügeleisen in die Ehe gebracht, glättet aber seine Hemden nicht mehr selbst. Seine weiten Reisen nach Südamerika bezeichnet er als inkonsequent, aber wichtig für seine Erholung. Was ihn an sich stört: «Dass ich manchmal rede, bevor ich nachgedacht habe.» Naja. Vorlaut war an diesem Abend keiner der beiden Stellenbewerber.
Was haben wir gelernt? Der künftige Regierungsrat ist mit Garantie äusserst tugendhaft, charmant, schlagfertig, selbstkritisch und volksnah. Offen bleibt vorderhand, ob er einen Schnauz trägt.
Volksstimme Nr. 134 / 1998