Nachtcafé vom 25.06.2015   Liste aller Gäste       

Aernschd Born
Autor und Songpoet 

Aernschd Born «Wenigstens hatte ich eine Etikette»

Noch heute wird Aernschd Born als Aushängeschild der Anti-­AKW-Bewegung definiert. ­Dabei ist der Basler Liedermacher bei diversen anderen Projekten tätig. Im «Volksstimme»-Nachtcafé erzählt er, wieso er wieder auf die Strasse gehen würde.

«Er hat schon alles gemacht, nur noch nicht schwarz geschneit», sagt der Moderator Robert Bösiger über seinen Gesprächspartner Aernschd Born. Der Basler Künstler ist gelernter Reprofotograf, Liederpoet, Kabarettist, und, und, und ... «Die Motorhaube aufmachen, Ski fahren und tanzen würde ich aber nie», sagt Born am Donnerstagabend im «Volksstimme»-Nachtcafé mit einem Schmunzeln. Trotzdem ist sein Werdegang lang und reicht von seiner gegründeten Gruppe «Störfall-Band» bis hin zum Schreiben von Schnitzelbänken.

Unter seinen vielen Tätigkeiten sticht aber vor allem eine hervor: die Zeit als Aushängeschild der Anti-Atomkraftwerk-Bewegung in Kaiseraugst 1975. Mit seiner Gitarre im Gepäck und der Unterstützung von rund 15 000 Aktivisten besetzte er das AKW-Gelände während 11 Wochen – bis es zu einem Baustopp kam. «Es ist beeindruckend, was man alles erreichen kann, wenn man zusammensteht», sagt Born. So fährt er heute noch stolz an dem Gelände vorbei, wo sie den Bau des Atomkraftwerks verhindern konnten. «Die Wiese blüht nach wie vor hervorragend.»
In der Oberen Fabrik in Sissach erzählte Aernschd, gebürtig eigent­lich Ernst, Born von dieser prägenden Zeit als Aktivist und stellte sich Bösigers Fragen. «Brems mich, wenn ich zu viel rede», sagte der 65-jährige Basler, aus dem die Worte nur so heraussprudelten.

«Das Leben ist eine Satire»
Dass Aernschd Born heute noch immer als Anti-AKW-Aktivist charakterisiert wird, hat Positives und Negatives, wie er sagt. «Wenigstens hatte ich eine Etikette. Die ­Öffentlichkeit hat meine anderen Projekte jedoch nur sehr selten wahrgenommen, wenn das Wort ‹Kaiseraugst› fehlte.» Dabei sind seine Taten beachtlich. Gegen 3000 Werbespots hat er konzipiert, 60 Velogeschichten als Kinderhörspiele produziert und diese an Schulen verteilt. Seine Stimme gab er diesen jedoch nie. «Diese gehören den Liedern», so der Poet. Denn die Liedermacherei habe ihn von Anfang an geprägt. «Ich habe immer gerne gesungen. Da ich die Pfadilieder nicht mochte, habe ich eben selbst Songs geschrieben.»

Weiter hat Born Drehbücher ver­fasst, etwa für die Comedy-Serie «Café Bâle» oder die Satiresendung «Zweierleier» von Radio DRS. «Für mich ist das Leben selbst eine Satire. Der Humor ist das Schmiermittel zwischen verschiedenen Meinungen.» So kam das Publikum gleich selbst in den Genuss von seinem Comedy-Programm, bei dem Born über das Problem der heutigen Zeit, keine Zeit zu haben, philosophierte.

Trotz seinem vollen Terminkalender würde er selbst Zeit finden, um erneut zu demonstrieren, sagt er im Gespräch. «Ich würde schnell wieder auf die Strasse gehen.» Vor allem die Flüchtlingsströme und leidende Kinder gingen ihm unter die Haut. «Da kann ich fast nicht ruhig bleiben», sagt der Künstler, der hauptsächlich mit seinen Texten auf solche Themen reagiere.

Keine Polit-Karriere im Visier
In der Politik gegen die Gesellschafts­probleme anzukämpfen, käme für ihn jedoch nicht infrage. «Ich bin ein ungeduldiger Mensch. Die Prozesse würden zu langsam voranschreiten.» Viel mehr schätzt er seine Freiheit als pensionierter, freischaffender Künstler. «Ich habe meine Plattform und kann sagen, was ich will. In der Politik stelle ich mir dies schwierig vor», sagt Born und schaut dabei die beiden Regierungsräte Urs Wüthrich und Isaac Reber an, die das Gespräch in der vordersten Reihe verfolgen.

Statt in der Politik gibt ­Aernschd Born seine Ideologie viel lieber durch sein Engagement kund. So sammelt er derzeit Dokumente von Anti-AKW-Aktivisten wie etwa Briefe von Bundesräten, die sie erhalten haben. Diese präsentiert er in der «Dokumentationsstelle atom­freie Schweiz» in Basel. Für den Pensionär ein ebenso strammes Programm wie zu Zeiten der Besetzung in Kaiseraugst. «72-Stunden-­Tage wären schon idealer.»