Nachtcafé vom 01.03.2001   Liste aller Gäste       

Hannes Britschgi
Journalist 

Hannes Britschgi Facts-Chefredaktor Hannes Britschgi im Volksstimme-Nachtcafé – Und der «Beisser» kann auch charmant sein

Vertauschte Rollen: Hannes Britschgi, bissiger «Rundschau»-Mann und seit kurzem Chefredaktor des Magazins «Facts», sass im «Volksstimme»-Nachtcafé auf dem Stuhl des Befragten. Der Mann zeigte sich dem Publikum von seiner versöhnlichen Seite.
«Das ist doch der, der seinen Interviewpartnern ständig ins Wort fällt.» Angesprochen auf den jüngsten Talkgast im «Volksstimme»-Nachtcafé war das der Standardkommentar in der Bevölkerung. Dieses Dreinreden, dieses Nichtausredenlassen hat ihm den Stempel aufgedrückt. Was Wunder, wollten am vergangenen Donnerstag rund 80 Personen diesen Mann mit der runden Brille von Nahem sehen und hören.
Hannes Britschgi, 45 Jahre, langjähriger Fernsehmann und seit wenigen Wochen «Facts»-Chefredaktor, zeigte sich im Gespräch mit «Volksstimme»-Redaktor Daniel Aenishänslin von seiner versöhnlichen und witzigen, aber durchaus auch von einer philosophischen Seite. Wer einen – je nach Gesichtspunkt bissigen TV-Journalisten oder «frechen Schnuderbueb» erwartete, sah sich getäuscht. Britschgi präsentierte sich als «weicher Soggen» und verlässlicher Vater dreier Töchter.
Und – wenigstens über Strecken – als Schwauderi: Als einer, der es auch lieber hat, wenn ihm niemand ins Wort fällt; selbst dann, wenn die gängige Rundschau-Zeitguillotine von sieben Minuten längst gesprengt ist.
Amüsant waren die Ausführungen von Britschgi allemal. Und lehrreich dazu. Zum Fernsehen kam der junge Obwaldner Anwalt mit etwas Glück. Das eher langweilige Dasein als Anwalt («Isolationshaft im eigenen Büro») habe er mit «frischer Luft» tauschen wollen. So sei er, der Hobbyfilmer von einst, zur damaligen Vorabend-Sendung «Karussell» gestossen. Dort habe er den TV-Job von der Pike auf lernen können, sozusagen «on the job».
Beim Aufzählen seiner verschiedenen Aufgaben beim Fernsehen geriet unser Mann ins Schwärmen. Irrsinnig gut war die Zeit, ausgesprochen toll das Team, wahnsinnig spannend die Arbeit, extrem gut das Klima. Richtig neidisch hätte man werdenkönnen...
Treppchen für Treppchen kletterte unser Mann aus Sarnen OW den SchellenbergÕschen Laden hinauf: Nach den Lernjahren beim «Karussell» heuerte er bei der experimentellen Vorabendsendung «Max» an («eine irrsinnige Wundertüte»), dann unter den Herren Räz und Gasche beim «Kassensturz» («eine irrsinnig gute Zeit»). Nach vier Jahren wurde er als Nachfolger von Erich Gysling in die «Rundschau» berufen.
Gysling hatte die Messlatte hoch gesetzt. Doch Hannes Britschgi wagte - und gewann. Vielleicht, weil das Schweizer Fernsehpublikum - trotz Boulevard auf allen Kanälen - professionellem Polit- und Wirtschaftsjournalismus die Stange hält. Vielleicht auch, weil das Publikum - trotz allem Dreinreden - den coolen Mann mit der runden Brille sehen wollte.

«Chiflen» auf dem Bildschirm
Sein Markenzeichen, das Dreinreden, habe nichts mit einer fehlenden Kinderstube zu tun, erläuterte Britschgi dem «Nachtcafé»-Publikum. Zuhause habe man immer diskutiert, sei einander ins Wort gefallen. Dieses familiäre «Chiflen» sei es gewesen, das er an den Bildschirm habe bringen wollen. Er räumte ein, dass dieses Umspringen mit den Gästen auf dem Stuhl gegen aussen zuweilen habe als frech und rücksichtslos interpretiert werden können.
Beim (vorläufig) jüngsten Kapitel seines Schaffens kam HB wieder ins Schwärmen: «Facts» sei ein «irrsinnig spannender» Titel. Er habe sich zum Ziel gesetzt, diesen Titel beim wächentlichen Hickhack «zwingender» zu machen. Auf die Frage von Daniel Aenishänslin, wie er dies zu bewerkstelligen gedenke, mochte er sich nicht wirklich in die Karten schauen lassen. Immer-hin: Scharfe, gute Geschichten müssen her, und natürlich Primeure, originell, witzig, frech.

Volksstimme Nr. 28 / 2001