Nachtcafé vom 01.05.1998   Liste aller Gäste       

Jacqueline Guggenbühl
 

Jacqueline Guggenbühl «Phasenfrau» mit Deux-Cheveaux
Jacqueline Guggenbühl studierte Rechtswissenschaften, war für den LdU politisch aktiv, fuhr jahrelang «Deux-Cheveaux», ist Vizepräsidentin des Basler Universitätsrates und Verwaltungsratspräsidentin der Genossenschaft Migros Basel. Am vergangenen Donnerstag war sie Gast im «Volksstimme»-Nachtcafé.

wi. 23 Jahre lang ist sie «Deux-Cheveaux» gefahren, die alt Landrätin Jacqueline Guggenbühl, die für den LdU auch schon im Allschwiler Einwohnerrat gesessen hat. Als Verwaltungsratspräsidentin des Migrosgenossenschaftsbundes Basel sei es dann schon mal vorgekommen, dass sie neben Mercedes und BMW parkieren habe müsse, was ihr wirklich nichts ausgemacht habe.
Auf den «Deux-Cheveaux» sei sie nämlich gestanden, weil sie rein funktionelle Dinge sehr gerne habe. So bezeichnete sich Guggenbühl in der Folge als «Rüstmesserlifrau». Seit der «Deux-Cheveaux» nicht mehr produziert werde, fahre sie halt einen «Twingo». Der sei eben auch praktisch und billig.
Sie fühle sich wohl in den Klauen eines so grossen Kolosses, wie der Migros, sagte Guggenbühl am Donnerstag im «Volksstimme»-Nachtcafé. Auch als Frau habe sie damit keine Probleme, denn Gottlieb Duttweiler sei sehr frauenfreundlich gewesen und habe bereits 1941 festgelegt, dass der Genossenschaftsrat über eine Frauenmehrheit verfügen müsse.

Migros «frauenlastig»
Ausserdem sei ein Detailhandelsbetrieb wie die Migros von Natur aus «frauenlastig». «Volksstimme»-Chefredaktor Robert Bösiger und Talkshow-Gastgeber fragte denn auch gleich nach, ob Duttweiler ein Mammutgebilde, wie das die Migros heute ist, haben wollte. «Dutti» habe ein ungebrochenes Verhältnis zur Macht gehabt und habe sich gefreut, wenn es aufwärts ging. Er habe sich, so Guggenbühl, noch am Krankenbett die Umsatzzahlen durchgeben lassen. Sie habe ihn zwar nicht persönlich gekannt, habe jedoch schon als 22jährige Studentin bei der Migros Basel gearbeitet. Schon damals sei sie fasziniert gewesen von «Dutti», weil er mit seinen Ideen immer ein Stück voraus gewesen sei.
Damit, dass die Migros heute fast alle Wirtschaftsbereiche abdeckt, damit hätte «Dutti» heute keine Probleme, vermutete Guggenbühl. Schliesslich seien die Aktivitäten alles Gründungen von Gottlieb Duttweiler. Zudem sei seit seinem Tod auch nichts fundamental Neues mehr hinzugekommen.

Nachdiplomstudium am Europainstitut
Die 63jährige ist eine Frau, die nicht so richtig der Norm entsprechen will. In einem Alter, wo manche eher an den Ruhestand als an Weiterbildung denken, hat sie am Basler Europainstitut ihr Nachdiplomstudium absolviert. Heute darf sie den Titel «Master of advanced European Studies» tragen. Ein «Zeitfenster» von einigen Monaten habe ihr dieses Studium ermöglicht.
Alle ihre Verpflichtungen und Ämter, so scheint es, hat sie problemlos unter einen Hut bekommen. Wie sie das gemacht habe, wollte Bösiger von seinem Gast noch wissen. Sie sei eben eine «Phasenfrau» und habe immer Funktionen ausgeübt, die sie als Nebenämter habe erfüllen können. Guggenbühl «outete» sich in der Folge als flammende Europabefürworterin.
Alt Landrat und Parteikollege Walter Leber stellte Guggenbühl schliesslich noch eine Insiderfrage. Er erinnere sich daran, dass er unsägliche Mühe gehabt habe, sie an einen Computer zu bringen. «Hesch jetzt eine?» wollte Leber wissen. Ja, heute habe sie einen PC zu Hause, allerdings habe sie seit ihr Mann pensioniert sei, grosse Mühe, das Gerät benutzen zu können, meinte die vierfache Mutter schmunzelnd.

Volksstimme Nr. 68 / 1998