Nachtcafé vom 11.05.2017   Liste aller Gäste       

Christa Markwalder
Nationalratspräsidentin 2016 

Christa Markwalder So tickt und funktioniert Christa Markwalder

Nach ihrem von einigen Turbulenzen geprägten Jahr als Nationalratspräsidentin sitzt Christa Markwalder jetzt wieder im ­Plenum des Parlaments und will sich in der Sachpolitik einbringen. Am Donnerstag war sie zu Gast im «Volksstimme»-Nachtcafé

Sie politisiert am linken Rand der FDP und gehört mit 42 Jahren noch zur jungen Garde der Freisinnigen. Die als hartnäckig und eigenwillig geltende Christa Markwalder hat indes bereits eine beeindruckende und schnelle politische Karriere hingelegt. Stadträtin in Burgdorf mit 24, Berner Grossrätin mit 27, Nationalrätin mit 28 und Nationalratspräsidentin mit 40. Ihr politisches Leben kennt bis heute nur eine Richtung: aufwärts.

Im Gegensatz zu ihrer eigenen Partei, der etwas hilflos wirkenden FDP, hat Markwalder bisher viele Farbtupfer in die Politlandschaft gebracht. Und trotz – oder gerade wegen – ihrer insbesondere in europa­politischen Fragen parteifremden Haltung ist sie weit über die Fraktionsgrenzen hinweg geschätzt. In diese Richtung äusserte sich auch die im Nachtcafé anwesende Sissacher Grünen-National­rätin Maya Graf: «Wir sind uns trotz teils sehr unterschiedlicher Parteiprogramme in der politischen Ausrichtung oftmals absolut einig und pflegen zudem seit Jahren eine sehr herzliche Freundschaft.»

In der falschen Partei?
Für «Volksstimme»-Chefredaktor Jürg Gohl ging es als Gesprächsleiter des Talks darum, dem hohen Gast aus Bundesbern nicht bloss politische Statements abzuringen. Das tat er zwar mit Fragen etwa zur bevorstehenden Abstimmung zum neuen Energiegesetz genauso hartnäckig wie mit ­Hinweisen zur Familienpolitik oder zur Hanf-Ini­tiative. Und da beeindruckte Markwalders Eloquenz – ob pro oder kont­ra – mit dem jeweils fast gebetsmühlenartigen Hinweis auf ihre liberale und fortschrittliche Grundhaltung.

«Verkehrspolitisch ticke ich dann wieder eher grün», so das Bekenntnis der konsequenten Gegnerin der zweiten Gotthardröhre. Das brachte den Talkmaster auf die Frage, ob sie eigentlich in der richtigen Partei sei. «Das fragen meine politischen Gegner auch immer wieder», konterte Markwalder ganz keck.

Das Publikum im Saal der Oberen Fabrik in Sissach interessierte sich aber auch für die Person Christa Markwalder, wie sie funktioniert und was sie so an Aussergewöhnlichem erlebt. Und da fühlte Gohl seiner Gesprächspartnerin thematisch ­querbeet und mit einigem Witz unnachgiebig auf den Zahn. So war zu erfahren, dass sie unter den Parlamentariern die zweitbeste Skifahrerin ist – die beste ist die Baselbieterin Daniela Schnee­berger – und dass sie als passionierte Cellistin regelmässig im Orchesterverein Burgdorf mitspielt. Schlagzeilen machte auch ihre damalige Wahl in den Berner Grossrat, wo sie ihren Vater als bisherigen Mandatsträger mit einem Stimmenmehr übertrumpfte und ihn so buchstäblich aus dem Amt geworfen hat.

Kein Sitzplatz im Bus
Christa Markwalder hatte sichtlich Spass, das Publikum an Müsterchen und Erlebnissen aus ihrer Zeit als Nationalratspräsidentin teilhaben zu lassen. Mit einigem Schmunzeln schilderte sie, dass sie an einem Sessionstag auf dem Weg zum Bahnhof Burgdorf nach einem Velodefekt in den proppenvollen Bus eingestiegen sei und dort wie viele andere Fahrgäste habe stehen müssen. Man habe sie zwar erkannt, «aber in solchen Sachen sind wir halt alles normale Bürger ohne Privilegien, und das ist gut so für unser Land», lobte die damals höchste Schweizerin. Als etwas Aussergewöhnliches schilderte Markwalder auch ihren Sparappell an die Parlamentarier, denen sie die Mahlzeitenentschädigung von täglich 115 Franken kürzen wollte. Das sei gar nicht gut angekommen, umso mehr als man ihre rege Reisetätigkeit ja auch mit hohen Spesen in Verbindung brachte.

Erheiternd auch die Geschichte mit den zwei Lindor-Schoggikugeln, die ihr ein Ratskollege als süsse Entschuldigung für sein nicht ganz ratskonformes Benehmen aufs Pult gelegt hatte. Dort blieben sie vergessen liegen und wurden dann sogar während der Bundesratswahl vom Fernsehen eingefangen, was dann die Schoggikonkurrenz auf den Plan rief.

Dann war aber fertig lustig, denn jetzt durfte das Publikum Fragen stellen. «Wäre Ihre Karriere als Mutter mit Kindern auch so verlaufen?», wollte ein älterer Herr von der Nationalrätin wissen. «Das ist eine ­typische Frage, die man an Frauen und selten an Männer stellt», reagierte die alleinstehende Juristin etwas genervt. Provozierend dann auch eine Bemerkung eines Zuhörers zur Kasachstan-Affäre. «Ja, ich habe sicher auch Fehler gemacht», sagte Markwalder reumütig. Die damalige Hetzkampagne der Presse habe ihr aber schon zugesetzt. «Keiner der Journalisten hat je gesagt, dass es ihm leid tue», hadert die 42-Jährige noch heute. Versöhnlich und protokollarisch dann zum Abschluss Jürg Gohls Frage an die Burgdörferin, ob sie das Oberbaselbiet überhaupt kenne: «Nicht so gut. Aber ich weiss, ihr habt gute Kirschen und auch guten Wein.»