Und er sprach: «Jetz samma überzeugt...»
Die österreichische Jazzlegende Karl Ratzer spielte im «Löwen». Doch zuvor gab er eine kurze Kostprobe seines Könnens im «Nachtcafé». Und plauderte etwas über seine berühmte Vergangenheit.
pm. Was macht eine österreichische Musikerlegende in der Baselbieter Provinz? Die Frage von «Volksstimme»-Chefredaktor Rolf Wirz nutzte Jazzlegende Karl Ratzer, um Ernst Grohsmann seinen Dank auszusprechen. Der «Löwen»-Wirt, selbst Österreicher, kennt Ratzer seit vielen Jahren persönlich und hat ihn zum Konzert nach Sissach geladen. «Kontakte sind das Wichtigste», hauchte Ratzer ins Mikrofon.
Was sich aus seiner Sicht im Vergleich zu den Anfangszeiten des Jazz in Österreich geändert habe, sei das Zusammengehen verschiedener Stile. Früher habe jeder für sich musiziert, heute sei Jazz amerikanischer und europäischer Prägung ineinander verwachsen.
Ratzer gibt nicht allzu viel darauf, dass er mit vielen berühmten Musikern zusammen auf der Bühne gestanden ist: «Meine besten Freunde sind nicht Musiker, sondern Schlosser oder Köche.» Ausserdem sei der Ruhm nicht immer fair verteilt. «Black Magic Woman» beispielsweise habe Peter Green geschrieben, aber Carlos Santana werde dafür verehrt.
Viel lieber als über berühmte Kollegen und seine musikalische Vergangenheit sprach Ratzer über die Gegenwart. Diese wurde durch Sängerin Heidi Krenn verkörpert, welche im Publikum sass. «Sie ist 23 Jahre alt und singt wie eine Urgrossmutter», schwärmte Ratzer. Bevor er sie getroffen habe, habe er es mit fünf der bestbezahltesten Sängerinnen probiert, «aber wenn ich die Gitarre durchzog, haben die das Mikrofon verschluckt...»
Lockerheit in Person
Dann war es so weit: Quasi als Aufwärmrunde fürs an schliessende Konzert im «Löwen» legte sich Ratzer die Gitarre um und begann zu spielen. Plötzlich wirkte der zuvor noch etwas fragil wirkende Herr wie die Lockerheit in Person. Die Gitarre hatte einen ungekünstelten, trockenen Effekt und Ratzers flitzende Fingerkuppen entlockten ihr sprudelnde Töne.
Dann erklomm Krenn die kleine Bühne des KiK. Der optische Kontrast zwischen dem Jazz-Doyen und der jungen Sängerin konnte nicht grösser sein, doch die musikalische Harmonie zwischen den beiden war vom ersten Ton an vorhanden. Zwei kurze Songs lang schwebte Krenns schwarze Stimme über den Köpfen der Zuhörer – leicht wie ein Schmetterling, verzaubernd «brüchig» am Ende der Silben. Der Applaus kam von Herzen und machte Lust auf mehr. Ratzers lapidarer Kommentar: «Jetz samma überzeugt...»
Volksstimme Nr. 134 / 2003