Ira May
Sängerin und Musikerin
«Duett mit Stevie Wonder wäre mein Traum»
Die Sissacher Soulsängerin Ira May hat dem Publikum des «Volksstimme»-Nachtcafés unter anderem verraten, warum ihre Adresse nicht mehr im Telefonbuch steht, wie sie zu ihrem Künstlernamen gekommen ist und weshalb sie schon mit ausgestopften Eisbären zu tun hatte.
Vor zwei Jahren ist sie mit ihrem Debütalbum quasi über Nacht schweizweit berühmt geworden. Nun steht Ira May, alias Iris Bösiger, nach einer Auszeit kurz vor der Veröffentlichung ihres zweiten Albums. Am Donnerstag hat die Musikerin der Oberen Fabrik in Sissach, wo sie seit fünf Jahren wohnt, einen Besuch abgestattet und im «Volksstimme»-Nachtcafé über ihr Leben auf, hinter und abseits der Bühne gesprochen.
«Wer ist nicht gerne daheim?», erwidert Ira May auf die Frage, ob sie sich freue, im Nachtcafé ein Heimspiel austragen zu dürfen. Allerdings fügt sie hinzu, dass die Nervosität schon stärker sei, wenn Freunde und Familie dabei sind und «sogar Opa im Publikum mitwippt». Im Gegensatz zu ihrem ersten Album sei das zweite sehr schnell fertig gewesen. «Erst Anfang Jahr haben wir richtig damit angefangen und im April konnten wir es schon bei Universal abgeben», erzählt Ira May. Wir, das sind Ira May und ihr Produzent Shuko, der sie entdeckte, nachdem sie den Traum, Musik zu machen, bereits aufgegeben hatte. Für Ira May ist klar, dass sie nur dank Shuko und gemeinsam mit ihm dorthin gekommen ist, wo sie jetzt steht: «Die Zusammenarbeit mit ihm ist sensationell, vor allem weil wir genau dasselbe Arbeitstempo haben.»
Im Juni hat die Künstlerin einen Vertrag mit der Plattenfirma Universal Music unterschrieben, nachdem sie zuvor mit einem kleineren Label zusammengearbeitet hatte. «Früher dachte ich immer, dass man bei einem grossen Label so stark gebunden sei, doch jetzt habe ich gemerkt, dass ich bei Universal gerade aufgrund der Grösse mehr Freiheiten habe», sagt Ira May und betont, dass die Plattenfirma stets auf sie und ihre Ansprüche eingeht.
Arbeit auf Bauernhof
Ihre lange Pause, die zuweilen auch als Burnout bezeichnet wurde, begründet Ira May damit, dass sie nach Veröffentlichung ihres ersten Albums überrannt und ins kalte Wasser geworfen wurde. «Ich spielte Konzert um Konzert und hatte das Gefühl, es hört nicht mehr auf. Deshalb hatte ich immer wieder Panikattacken», beschreibt die in Gelterkinden aufgewachsene Ira May ihre damalige Situation. Während ihrer Krise sei sie auf einen Bauernhof arbeiten gegangen. Dort habe sie sich zum ersten Mal seit Monaten wieder so richtig wohlgefühlt. Dies hatte auch Auswirkungen auf ihr Gefühl auf der Bühne: «An den letzten beiden Auftritten war es, als wäre bei der Band und mir ein Schalter umgekippt», erzählt Ira May. Sie sei voller Energie gewesen und habe die Konzerte in vollen Zügen geniessen können.
Wahrscheinlich haben sich viele schon gefragt, wie Ira May zu ihrem Künstlernamen gekommen ist. «Ira stammt von einem Song von Johnny Cash, ‹The Ballad of Ira Hayes›». Allerdings sei dieser Ira Hayes an seinem Erbrochenen erstickt, weshalb sie den Namen nicht unbedingt komplett übernehmen wollte. Zu Beginn hätte sie sich dann nur «Ira» geheissen, was darin resultierte, dass alle «IRA» schrieben. «Da ich nicht unbedingt mit einer Terrororganisation in Verbindung gebracht werden wollte, war bald klar, dass da noch etwas angefügt werden musste.» Am Ende eines dreistündigen Notfall-Telefonats mit ihrem Produzenten sei sie schliesslich auf die Idee gekommen, dass «May» doch nicht schlecht klingen würde, zumal ihr erstes Album im Monat Mai erschienen ist.
Kein Eintrag im Telefonbuch
Auf die Frage von Moderator Severin Furter, ob die Leute sie auf der Strasse erkennen würden, meint Ira May: «Die Leute sprechen mich selten an. Meistens nur dann, wenn ich ungeschminkt und in Trainerhosen im Coop stehe.» Weil sie hin und wieder ziemlich schräge Fanpost erhalten hätte, hat die bald 29-Jährige ihre Adresse mittlerweile aus dem Telefonbuch genommen. «Da gab es Leute, die mich zum Essen ausführen wollten, weil ich auf einem Magazin so schöne Augen hatte.»
Als die Fragerunde für das Publikum geöffnet wird, will ein Zuschauer wissen, mit wem sich Ira May am meisten ein Duett wünschen würde. «Das ist für mich ganz klar: Mit Stevie Wonder. Als Kind konnte ich die Kassetten mit seinen Liedern in- und auswendig. Ich könnte sie heute noch.»
Ausserdem erzählt sie auf Bitte ihres Vaters Robert Bösiger von einem schrägen Privatkonzert im Engadin: «Nachdem wir als Vorband von Michael Bolton in St. Moritz gespielt hatten, wurden wir von einem Milliardär in sein Chalet eingeladen.» Das Chalet habe sich als eine «Riesenvilla mit Chalet-Verkleidung» entpuppt. In der Tiefgarage des Milliardärs, dessen Namen sie nicht wissen durfte, seien ausgestopfte Eisbären gestanden und in der Bibliothek, in der sie auftraten, seien die Bücher hinten alle auf die gleiche Länge abgeschnitten gewesen. «Auf einem weissen Flügel haben wir schliesslich zu einem völlig dekadenten Betrag zehn Lieder gespielt. Das war eine spezielle Erfahrung.»
CD ist nur Visitenkarte
Ira Mays zweites Album «Eye of the Beholder» erscheint am 23. September, ihrem 29. Geburtstag. Eine Tournee ist allerdings erst nächstes Jahr im März und April in Planung. Am 3. Dezember wird sie ihre neue Platte, die sowohl auf CD als auch auf Vinyl erscheint, im Marabu in Gelterkinden vorstellen. «Dies wird für uns eine Art inoffizielle Plattentaufe sein.» Dabei betont die Sissacherin, dass ein Musiker in der Schweiz ausschliesslich von den Auftritten lebt: «Eine CD ist nur noch eine Visitenkarte.»
Natürlich durfte sich das Publikum in der gut besetzten Oberen Fabrik nach dem Gespräch auch über ein Ständchen freuen. Zum Schluss gab die Künstlerin a cappella «Scars» zum Besten, ein Song, der auf keinem Album erschienen ist, Ira May aber sehr am Herzen liegt.