Nachtcafé vom 27.10.2011   Liste aller Gäste       

Rudolf Matter
Direktor Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) 

Rudolf Matter Der Direktor der deutschsprachigen SRG-Radio- und Fernsehprogramme, Rudolf Matter, gastierte am Donner­stag im Nachtcafé. Der Journalist sprach über Gebühren, seinen Führungsstil und die ­Zukunft der Medienlandschaft.

bas. Obwohl Rudolf Matter zu den ­höchsten Entscheidungsträgern in der Schweizer Medienlandschaft gehört, kennt ihn eigentlich niemand so richtig. «Das ist auch gut so», meinte der ­Angesprochene lapidar, der am vergangenen Donnertag im «Volks­stimme»-Nachtcafé in der Oberen ­Fabrik zu Gast war, um über sich und seine Arbeit zu erzählen. Matter, der in Buckten aufwuchs und fürs Studium nach Zürich «auswanderte», hat am 1. ­Januar dieses Jahres die Leitung von Radio und Fernsehen in der Deutschschweiz übernommen.
Sehr bald ging es während der Diskussion, die Moderator Robert Bösiger mit Matter führte, ums Geld: Drei Viertel des Budgets der SRG stammen aus Gebühren. «Das ist auch Verpflichtung», unterstrich Matter. Ein Teil der in der Deutschschweiz bezahlten Gebühren fliesse in die französisch- und italienischsprachige Schweiz, um dort ein ebenbürtiges Niveau zu erreichen. «Ein vergleichbares Angebot in drei Sprachen hat seinen Preis, doch das ist Schweizer Tradition», betonte er.
Fernsehen sei sehr teuer, doch die SRG arbeite im internationalen Vergleich immer noch sehr günstig. Während sie für 6 Fernsehprogramme in 3 sowie 18 Radioprogramme in 4 Sprachen über ein Gesamtbudget von 1,6 Milliarden Franken verfüge, produziere das deutsche ZDF für 1,5 Milliarden Euro ein einziges Programm. «Das viele Geld ist also zu relativieren.» Zudem könnten auch Spartenprogramme wie DRS 2 oder «Musigwälle» nur mit Gebühren aufrecht erhalten werden: «Wir haben viele Angebote, die es sonst nicht ­geben würde.»

Jahre im Ausland
«Journalismus hat mich schon immer interessiert», sagte der gebürtige Oberbaselbieter vor dem zahlreich erschienenen Publikum. Auch ein paar ehemalige Schulkollegen aus Gymnasiumszeiten waren anwesend. Zwischen seinen journalistischen Aktivitäten war Matter auch in anderen Gebieten tätig, so als Unternehmensberater und während einer Saison gar als Koch in einem Restaurant, von wo er aber bald zurück zur Branche kam.
Mehrere Jahre arbeitete der 58-Jährige auch bei ausländischen Fernsehkanälen, wie dem European Business Channel oder dem Nachrichtensender N-TV. «In Deutschland befindet sich der wettbewerbsintensivste Fernsehmarkt der Welt», so Matter. Während der Marktanteil von SF1 in der Schweiz bei über 20 Prozent liege, hätten in Deutschland auch die ganz Grossen nur um die 12 Prozent.
Den für den deutschschweizer Markt verantwortlichen «Superdirek­tor» – er finde den Titel «biirewäich», aber er habe sich daran gewöhnt, so Matter – und den Generaldirektor von SRG, Roger de Weck, verbindet eine gemeinsame journalistische Philosophie. Seinen eigenen Führungs­stil bezeichnete er als «fordernd und freundschaftlich».

Livefernsehen ist unschlagbar
Matter, der in seiner Jugend bei den Jungsozialisten aktiv war, stellte seine politischen Aktivitäten ein, als er mit 23 Jahren Nachrichtenjournalist wurde. Heute ist er keiner ­Partei angehörig. Zum immer wieder auftauchenden Vorurteil, Journa­listen seien links, erklärte er: «Wir ­haben die Aufgabe, kritisch zu berichten, und geraten darum schnell unter Linksverdacht.» Bei seinen Kollegen fänden sich hingegen fast alle politischen Meinungen.
In seinen vielen Jahren im Journalismus und auf Zeitungs-, Radio- und Fernsehredaktionen hat er die massiven Veränderungen in der Me­dienlandschaft miterlebt. Die technologische Entwicklung gehe rasant vor sich, so Matter. Vieles sei offen, doch «sicher halten wird sich das Livefernsehen im Sport. Das ist unschlagbar.»

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Volksstimme Nr. 122 / 2011