Nachtcafé vom 01.09.2005   Liste aller Gäste       

Patrick Rohr
Ein Holländisch sprechender «Querkopf»  

Patrick Rohr Vom Radio zum Fernsehen, vom Wallis nach Zürich nach Holland, vom Tagesfernsehen zu «Quer»: TV-Moderator Patrick Rohr war in der Oberen Fabrik in Sissach zu Gast und erzählte von den Highlights seines bisherigen Werdegangs.

pm. Immer etwas naiv, immer etwas frech: So stolperte Patrick Rohr in den Journalismus. Zum Beispiel 1983, als der damals 15-Jährige bei «Radio Matterhorn» in Zermatt vorsprach. «Ich bin einfach gegangen und habe gesagt, ich wolle Radio machen», sagte Rohr am Dienstag im «Volksstimme»-Nachtcafé.
Zwar dauerte es noch ein ganzes Jahr, bis ihm das Radio eine Jugendsendung anvertraute. Doch von dort an ging es, wie es sich für einen Walliser gehört, bergauf: Vom Radio gings direkt zum Tagesfernsehen (TAF) bei SF DRS, wo Rohr heute, mittlerweile 37-jährig, die beliebte Sendung «Quer» moderiert.
Bevor er zum Querkopf mutierte, musste Rohr aber richtig unten durch. «Als ich die ‹Arena› von Filippo Leutenegger übernahm, war ich ein supernaiver Totsch», sagte Rohr. «Ich war 31 Jahre alt und fühlte mich geschmeichelt.» Er unterschätzte alles: die ohne Redaktion zu verrichtende Hintergrundarbeit, das auf Dompteur Filippo zugeschnittene Format und den öffentlichen Fokus auf die Politsendung.
Aber Rohr ist eine Frohnatur: «Wenn es mir schlecht geht, leide ich ein, zwei Wochen und nachher mache ich das Beste draus.» So auch bei der «Arena». Er stellte das Konzept um – sechs statt nur zwei Stehpulte – und konnte künftig hohe Einschaltquoten feiern. «Hinter den Kulissen gab es Streit und Tränen. Das ging mir manchmal sehr nach», erinnert sich Rohr.
Anders bei Röbi Kollers «Quer», das wie auf ihn zugeschnitten war: «Ich kann mich selbst sein, habe ehrliche Gäste, höre zu, frage und hinterfrage», sagt er. Ob das nicht ein Stück weit «Betroffenheits-Journalismus» sei, wollte «Volksstimme»-Chefredaktor Rolf Wirz wissen. Nein, meinte Rohr. die Botschaft hinter «Quer» sei ein Aufruf zur Toleranz: «Wir wollen unbequeme Fragen stellen und Dinge in ihrem gesellschaftlichen Kontext diskutieren. Das verstört die Zuschauer auch hie und da.»

Schnee aus Papier
Die beste TV-Lernschule seien die Anfangstage beim «TAF» gewesen, erzählte Rohr. Sei es, als er mit seiner Moderationskollegin weisses Papier ausstanzte, um es im Studio schneien zu lassen. Oder als der «Sprayer von Zürich» Harald Naegeli zu Gast war, der, statt Strichmännchen zu zeichnen, vor laufender Kamera eine Abstimmungsparole schrieb. «Das ist im Fernsehen streng verboten – aber es hat sowieso niemand zugeschaut», sagte Rohr lachend.
Heute verbringt Rohr so viel Zeit wie möglich in seiner Wahlheimat Amsterdam. Auf Interrail habe er sich vor 14 Jahren in die Stadt verliebt; er habe die Kanäle gesehen und gedacht: «Wow!». Sein Holländisch habe er in der Migros-Clubschule gelernt. Holland habe den Vorteil, dass ihn wirklich niemand kenne, sagt Rohr. Er habe es lieber, wenn man um seinen beruflich bedingten Bekanntheitsgrad kein Aufheben mache. «Ich finde das völlig unspektakulär», so Rohr.

Volksstimme Nr. 103 / 2005