Peperoni
Schnitzelbänkler
«Mache keine Bänke mehr – fertig»
Für den langjährigen Basler Schnitzelbänkler Peperoni ist der Baselbieter der neue «Schwoob». Im Nachtcafé-Interview verrät er zudem eine Faustregel fürs Versedichten und schlägt zuletzt eine Einladung aus dem Publikum dankend aus.
Ohne Baselbieter gäbs in der Stadt bald keine Fasnacht mehr. Diese Erkenntnis kommt aus dem Mund einer der ganz grossen Figuren der Basler Fasnacht. Peperoni, mit bürgerlichem Namen XXXX, sprach am Nachtcafé der «Volksstimme» nicht nur den Umstand an, dass der bevölkerungsreichere Landkanton mehr Aktive stellt als die Stadt. Auch als Sujet laufen die Rampasse den «Schwoobe» und den Zürchern offenbar langsam, aber sicher den Rang ab. Die Basler Fasnächtler haben offenbar ein neues Opfer. Peperoni muss es wissen: Von 1988 an schmiedete er als Comité-Schnitzelbänkler Verse für die Basler Fasnachts- und Vorfasnachtsbühnen und lieferte verlässlich Pointen im Silben-Gerüst und zur Melodie des «Schacher-Seppli» – bis zu seinem offiziellen Rücktritt im vergangenen Jahr.
Peperoni zeigte am vergangenen Donnerstag vor zahlreich herbeigeströmtem Publikum in der Oberen Fabrik in Sissach nicht nur sein wahres Gesicht – die Kuh-Larve mit dem Blumenstrauss zwischen den Hörnern zierte für einmal nur den Boden. Dem aufmerksamen Hörer dürfte auch nicht entgangen sein, dass der «Bänggler» aus Basel seinen Wohnsitz vor vielen Jahren ins Oberbaselbiet verlegt hat – nach Lausen, wie es ihm entfuhr.
Viel interessanter waren aber Peperonis Einblicke in seine Fasnachtskarriere. Jeder dürfte sich bis anhin gefragt haben: Was hat eigentlich eine Kuh mit Peperoni zu tun? Die Geschichte geht so: XXXX hat sich einst sechs Wochen vor Fasnacht dazu entschlossen, seine schrumpfende Clique zu verlassen, um sich allein dem Verseschmieden zu widmen. Auf der Suche nach einem geeigneten Namen und Kostüm wandte er sich an einen ihm bekannten «Bänggler» und bekam den Ratschlag: «Mach es nicht wie wir. Wir heissen ‹Pfäfferschoote› und alle meinen, wir seien Peperoni.» Der Name war gefunden. Eine Kuh wollte Peperoni dennoch im Team haben und für den Helge-Maler war klar: «Die Kuh muss singen.»
Bänkeln als Hochleistungssport
Geirrt haben sich jene, die einen geradlinigen, sinnhaften Zusammenhang zwischen der Kuh, dem roten Gemüse und der «Schacher-Seppli»-Melodie vermuteten. Aber gerade die Fähigkeit, «schräg» zu denken und Dinge miteinander zu vernetzen, mache einen guten Bänkler aus, lehrt der Profi. «Dies und ein gewisses Mass an Schadenfreude braucht man.» Mit einigen seiner Kollegen geht der etablierte Comité-Bänkler indes hart ins Gericht: «Von den rund 130 Schnitzelbankgruppen an der Fasnacht wären 50 Prozent wohl besser im Vortrab aufgehoben.» Er kritisiert zudem, dass heute Ideen gestohlen und kopiert würden, in einem Ausmass, das nicht mehr schön sei.
Aber wie kommt man denn zu seinen Sujets? Es gebe da eine Faustregel, antwortet der «Bänggler» seinem Interviewpartner, «Volksstimme»-Chefredaktor Jürg Gohl: «Wenn etwas rund drei Monate vor Fasnachtsbeginn fünf Tage lang im ‹Blick› steht, so taugt es zum Sujet.» Einen Einfluss der «Volksstimme» auf die Sujet-Wahl der Basler «Schnitzelbänggler» will Peperoni indes nicht erkennen. Allerdings: «Geschichten wie die Sissacher Metzgete sind genau der Stoff, den ein Bänkler für seine Verse braucht.»
Die Vermutung, dass ihm selbst auf seine alten Tage die Ideen ausgegangen seien und er aus diesem Grund keine Verse mehr dichte, streitet Peperoni ab. Vielmehr habe sein Rückzug mit der körperlichen Verfassung zu tun. «Bänkeln ist auch ein Hochleistungssport. Früher haben wir rund 20 Beizen an einem Abend besucht.» Und wie hält man sich da fit? Man müsse sich halt impfen, sagt er, greift zum Weinglas und prostet dem Publikum zu.
Dass es ihm mit dem Aufhören aber ernst ist, durfte auch eine Frau aus dem Publikum erfahren. Ihre Einladung ans «Schalanderli» im Basler Volkshaus schlägt er dankend aus: «Nein, ich mache keine Bänke mehr – fertig.»
Volksstimme Nr. 31 / 2018