Nachtcafé vom 30.10.2012   Liste aller Gäste       

Emil Steinberger
Kabarettist 

Emil Steinberger Emil Steinberger, einer der ­berühmtesten Kabarettisten der Schweiz, sorgte im «Volksstimme»-Nachtcafé für ein spannendes Gespräch und viele Lacher

bas. Er hatte Sissach im Sack. Schon eine Stunde, bevor Emil Steinberger die Bühne betrat, gab es in der Oberen Fabrik keine Sitzplätze mehr, und ­irgendwann waren auch die Stehplätze hoffnungslos überfüllt. Die 50. Ausgabe des «Volksstimme»-Nachtcafés unter Gastgeber Robert Bösiger wartete besuchermässig wohl mit einem Rekord auf.
Der Auftritt von Emil Steinberger vermochte auch wirklich zu begeistern. Der Kabarettist, der am nächsten Dreikönigstag seinen 80. Geburtstag feiern kann, überzeugte mit einer beeindruckenden Präsenz und plauderte über eine Stunde lang über sein Leben.
«Bereits 1977 war ich mit dem Zirkus Knie einmal in Sissach», erzählte Emil, und damals habe er schon gedacht, das sei eine «schöni Cheibe-Gägend da». Auf Tournee mit dem Zirkus habe er Orte kennengelernt, die er sonst wohl nie besucht hätte. Obwohl er alle Schweizer ­Dörfer doch schon kannte – in seiner Lehre als Postbeamter musste er 3000 Ortschaften auswendig lernen.
Emil sei schon als Bub das Klassenkalb gewesen, erzählte er. Zum Theater kam er über die Pfarrei und ein Stück namens «Der Raub der ­Sabinerinnen», später parodierte er Ferdi Kübler. Das war die Zeit, als der junge Emil sein komisches Talent entdeckte. Nach einer Zeit als Lokal­kabarettist in einem Ensemble versuchte er es allein. «Ich experimentierte gemeinsam mit Franz Hohler», sagte er – und gab nahtlos zum Gespräch ein Müsterchen aus seinem jahrzehntelangen Schaffen zum Besten. Und ­obwohl wohl mindestens die Hälfte der Leute in der Oberen Fabrik die Nummer mit dem Buchkäufer bestens kannte, brüllte der Saal.

«Grimassen kann man nicht üben»
«Dass ich berühmt wurde, war nie ein Berufsziel», sagte Emil. Er sei quasi ins Kabarett reingerutscht, wurde auch in Deutschland und Österreich bekannt – «und sogar im Welschland funktionierte es».
«Gute Mimik geht ans Herz», zeigte er sich überzeugt. Mimik sei sehr wichtig – «und dafür habe ich ein gewisses Talent. Grimassen kann man allerdings nicht üben, die kann man nur machen.»
Emil Steinberger verzeichnete auch als Schauspieler Erfolge, beispielsweise bei «Die Schweizermacher», dem erfolgreichsten Schweizer Spielfilm aller Zeiten. «Ich bin kein Schauspieler», sagte er allerdings, «ich habe nie gelernt, auf Anweisung von anderen zu spielen.» Neben seinen Kabarettprogrammen schrieb er auch Drehbücher, Bücher und betrieb ein Kleintheater und zwei Kinos in Luzern.

Flucht nach New York
Doch bei allem Erfolg: Irgendwann hatte er genug. Im Jahr 1987 mottete Steinberger die Figur Emil ein, auch wenn ein Aufschrei der Empörung durchs Land ging, und setzte sich nach New York ab. «Natürlich war das eine Flucht», sagte er dem Publikum. Irgendwann habe er sich gesagt: «Jetzt muss ich aufpassen und auch einmal auf meine eigenen Wünsche schauen.»
Nach sechs Jahren kam er zurück in die Schweiz, zusammen mit seiner Frau Niccel, die in Sissach ebenfalls mit dabei war. Und auch heute ist ihm die Arbeit nicht ausgegangen. Für nächstes Jahr sind bereits 50 Auftritte geplant. Denn nach wie vor ist Emil begehrt: Vier Vorstellungen aus Anlass seines 80. Geburtstags waren innert kürzester Zeit ausverkauft.
Und warum Emil eine so grosse Faszination ausstrahlt und mit Fug und Recht als einer der besten Schweizer Kabarettisten gelten darf, bewies der Künstler in einer kleinen spontanen Darbietung gleich eindrücklich: Als das alte Telefon auf der Bühne unversehens schellte, improvisierte er ein kurzes Gespräch, in dem er das Nachtcafé-Gespräch und die «Volksstimme» – «ja, das ist ein Blättli. Erscheint regelmässig!» – einfliessen liess. Und der Saal brüllte wieder.
Gastgeber Bösiger fasste den Anlass, der als einer der Highlights in die Nachtcafé-Geschichte eingehen dürfte, wie folgt zusammen: «Welch ein Glück und Privileg, heute jenen Mann bei uns zu haben, der uns so zum Lachen brachte – und es immer noch tut.» – Worte, die jeder aus dem Publikum wohl sofort unterschrieben hätte.

Bilder zum Nachtcafé mit Emil Steinberger finden Sie in unserer Galerie auf www.volksstimme.ch

Volksstimme Nr. 122 / 2012