Nachtcafé vom 01.03.1998   Liste aller Gäste       

Daniel E. Eggli
 

Daniel E. Eggli Locker vom Hocker gegen das «langweilige Mittelmass» schimpfen

rob. Er kam, sass auf den Barhocker und gewann: die Sympathien und Herzen all jener nämlich, die am Donnerstag abend wegen ihm ins Sissacher KIK gekommen waren. Daniel E. Eggli, Paradiesvogel unter den einheimischen Gastrokritikern, brachte Farbe und Witz, aber auch Salz & Pfeffer mit nach Sissach.
Apropos Farbe. Wo der Winterthurer Daniel E. Eggli auftaucht, wird`s bunt. Seine Brille ist himmelblau, sein Jacket knallgelb, sein Hemd blütenweiss. Und seine Krawatte sticht ebenso in die Augen wie das mitgeführte Aktenköfferli aus Holz. Er liebe eben Farben und falle gerne auf, gibt Eggli zu Protokoll. Das Leben sei zu kurz, um als graue Maus in der Masse unterzugehen.

Kein Blatt vor dem Mund
Apropos Witz. Den hat er, und wie! Aber - und hier wären wir bereits beim Salz und Pfeffer: Weil Daniel E. Eggli zwar vieles sagt und schreibt, dabei aber niemals ein Blatt vor den Mund nimmt, teilt sich sein Publikum in drei Teile. Die einen verehren ihn, saugen seine Botschaften auf wie ein köstliches Dessert. Für die anderen - in aller Regel von Eggli zuvor lustvoll auf Hochglanzpapier in die Pfanne gehauen - ist der Mann personifiziertes Feindbild. Seine Fälle von Ehrverletzungsklagen würden ein Buch füllen.Die dritte Gruppe, nach Eggli 95 Prozent der Bevölkerung, kennt ihn nicht. Was jene freilich nicht davor bewahrt, von Herrn E. aufs Korn genommen zu werden. Wenn er über das «langweilige Mittelmass» herzieht, meint er eben nicht nur Beizer, die in diese Kategorie gehören, sondern auch Menschen, Musik, Kleider. Und Gewohnheiten. Zum Beispiel jene der grossen Mehrheit, sich mit «billigem food» aus den Regalen der Grossverteiler versorgen. Gleichzeitig lässt er einen Hauch von Verständnis dafür durchschimmern, dass nicht alle ständig fein tafeln können: «Ich habe vermutlich schon ganze Einfamilienhäuser in Restaurants investiert».

Zuviele zufriedene
Es gebe viel zuviele zufriedene Leute, sagte Daniel E. Eggli im Rahmen des «Volksstimme»-Nachtcafés. In Anlehnung an Mani Matter unterstrich er: «Es müsste mehr Leute geben, die «hehe Frou Meier» ausrufen». Er jedenfalls wolle nicht nett sein und nur einen Beizer «über den grünen Klee» loben, wenn dieser es wirklich verdient habe.
Von «Volksstimme»-Redaktor Rolf Wirz auf die Zukunft der Gastronomie angesprochen, überraschte Eggli. Die Qualität des Essens an und für sich sei zwar nach wie vor zentral. Immer wichtiger werde indes die Atmosphäre. Der moderne Gast wolle Geselligkeit, den richtigen Gästemix («Neben «Nützlingen» braucht es auch «Schädlinge» und eine Prise Erotik») und ein Ambiente, das dem Zeit- und nicht dem Landigeist entspreche. Zudem würden die Grenzen zwischen Gastronomie und Kultur ständig durchlässiger.
Was ist für den Mann, der seine Feinde als «Chlämmerlisäcke» und die Journalisten als käufliche «Schreibnutten» tituliert, Luxus? Daniel E. Eggli: «Luxus ist für mich persönlich nicht Kaviar und Gänseleber. Sondern eine Putzfrau.»

Volksstimme Nr. 41 / 1998