Nachtcafé vom 20.02.2009   Liste aller Gäste       

Mike Müller
Schauspieler und Satiriker 

Mike Müller Mike Müller sorgte im «Volksstimme»-Nachtcafé für volles Haus: «Wir machen nicht auf Teufel komm raus brutale Witze»
Mike Müller erzählte im «Volksstimme»-Nachtcafé von Grenzen der Satire, «Grännerei» und Kampfdrehs. Unterhaltung war in der proppevollen Oberen Fabrik garantiert.

sg. Beim Eintreten: Spontaner Applaus. Am Ende des Gesprächs: Riesiger Applaus. Dazwischen: Eine knappe Stunde unterhaltsamer Talk beim «Volksstimme»-Nachtcafé mit Mike Müller.
Das Erfolgsrezept der Satiresendung Giacobbo/Müller hatte Mike Müller schnell erklärt («Auf den anderen Sendern läuft zu dieser Zeit halt nur Schrott»). Etwas vertiefter gings aber schon noch zur Sache und Müller plauderte munter aus dem Nähkästchen. Etwa, als er von seinem «Kampfdreh» im Kinderhort erzählte, während dem er den Kindern ihre Spielzeugwaffen zu entreissen versuchte – das Ergebnis war am Sonntagabend bei Giacobbo/Müller zu sehen. Oder als er glaubhaft versicherte, dass er einen Schlag auf den Hinterkopf von Erwin Bischofberger nicht «faken» könne, da es sonst nicht echt genug aussehe – «Bei der Vertonung geben wir natürlich noch einen drauf.»
Überhaupt war die Satire-Sendung Giacobbo/Müller das zentrale Thema während des Gesprächs. Das erstaunt nicht, sitzt doch jeweils über eine halbe Million Schweizerinnen und Schweizer am Sonntagabend vor dem Fernseher, wenn sich die beiden Satiriker über Politiker, Stars und Sternchen auslassen.
Eine politische Grundhaltung müsse man schon haben, wenn man Satire mache, sagte der 45-Jährige. «Aber sie darf nie als Grundlage eines Gesprächs dienen.»
Eigentlich hätten Victor Giacobbo und er ausgemacht, am Montag zwecks Verschnaufpause jeweils nicht zu telefonieren – das klappe aber höchst selten, erzählte Müller. Das erstaunt nicht, wird die Satire-Sendung doch jede Woche neu produziert: «Wir haben nur ganz wenige vorproduzierte Beiträge im Programm.»

Nicht auf Teufel komm raus
«Die Grenzen des Humors setzt sich jeder selber», sagte Müller auf die entsprechende Frage von «Volksstimme»-Verlagsleiter Robert Bösiger. «Wir machen nicht auf Teufel komm raus brutale Witze.» Satire sei eine Gratwanderung. Und es gelte auch, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten. «Am Tag von Roger Federers Niederlage beim Australien Open wäre es wohl nicht gut gekommen, wenn wir uns über ihn lustig gemacht hätten – aber eine Woche später sah die ‹Grännerei› schon ganz anders aus.»
Dass Müller und Giacobbo nicht nur zusammenarbeiten, sondern auch privat befreundet sind, bestritt Müller zuerst vehement – um gleich zu relativieren: «Auch wenn wir uns manchmal «ahässele» – wir reden über viel, das nicht mit dem Beruf zu tun hat: Über Bücher, Politik – notfalls auch über Frauen.»
Beim ganzen Erfolg von Müller als Komiker vergisst man fast, dass er eigentlich in einer anderen Sparte gross geworden ist: Als Schauspieler beim Theater. «Ich war nicht von einem Tag auf den anderen Schauspieler», sagte Müller, angesprochen auf sein ersten Karriere-Schritte. «Das war eine schleichende Entwicklung.» Eine Schauspiel-Ausbildung hat Müller übrigens nicht absolviert: Er ist diplomierter Philosoph.
Dass Müller sowohl in ernsten Rollen als auch in lustigen Filmen oder als Satiriker seine Aufgabe stets mit Bravour meistert, führt er auf einen einfachen Grund zurück: «Natürlich ist ein krasser Shakespeare-Stoff nicht das gleiche wie eine amerikanische Komödie – aber zum Spielen ist es ähnlich».
Auf die Frage, ob ihm eigentlich auch einmal das Lachen vergehe, kam die Antwort spontan und deutlich: «Ja, klar.» Er kenne niemanden, der Lust habe, immer das gleiche zu machen: «Irgendwann ists auch mal gut.»
Und dennoch: Müller liebt es, die Leute zu unterhalten. Das hat er am Donnerstag als Gast der «Volksstimme» einmal mehr bewiesen.

Volksstimme Nr. 20 / 2009