Nachtcafé vom 19.09.2013   Liste aller Gäste       

Karl Odermatt
Fussball-Legende 

Karl Odermatt Karl Odermatt war ein dankbarer  Gesprächsgast im «Volksstimme»-Nachtcafé. Kaum auf ein Thema angesprochen, legte die Fussballlegende los und schwelgte in ­seinen Erinnerungen.

fh. Karl Odermatt hatte am Donnerstagabend während des Nachtcafés zwei unangenehme Fragen zu beantworten. Gastgeber Robert Bösiger wollte von der FCB-Legende wissen, was er den Sissachern in Sachen Kunsteisbahn rät. Später wollte ein Zuhörer wissen, was «Karli» von der Fusions­Initiative hält. Bei der Kunsti-Frage drehte die Stimmung in der gut ­gefüllten Oberen Fabrik. Denn zuvor unterhielten sich die Beiden ausschliesslich über Fussball. Aus der Fusions-Frage zog «Karli» jedoch ­elegant den Kopf aus der Schlinge und meinte: «Ich bin Basler und wohne im Baselbiet. Ich liebe beides. Und so wie es jetzt ist, ist es doch gar nicht so schlecht.» Das brachte ihm zusätzlich viele Sympathien ein.
Diese beiden Fragen waren die einzigen kritischen Momente des Nachtcafés. Davor wurde «Karli» – er besteht darauf, so angesprochen zu werden – frenetisch gefeiert und lief mit seinem Lied «Karli, no ne Goal» in die Obere Fabrik ein. Er blickte mit viel Humor auf seine Zeit als ­aktiver Fussballer und sorgte mit der einen oder anderen Anekdote für lautes Gelächter im Saal. Oder einfach mit seiner Ehrlichkeit. So gab Robert Bösiger im Gespräch zu, dass er kein Fussball-Experte sei, worauf Odermatt meinte: «Das merkt man.» Alleine dies brachte dem ­Basler ­Applaus ein.
Mehr gelacht wurde, als er die Geschichte erzählte, wie er wegen seiner damaligen Freundin um 10?000 Franken leichter geworden war. Er sei mit dem FC Basel im Trainingslager gewesen und lud seine Freundin ein. Er habe folglich etwas mit ihr unternommen, weil er sie so gern gehabt habe. «So wie es ein Mann und eine Frau eben machen.» Das Ganze flog auf, Odermatt erhielt eine interne Busse und die Mannschaft musste ­abstimmen, ob er spielen solle oder nicht. «Die ganze Mannschaft hat sich für mich eingesetzt», erzählte Odermatt. Er habe gespielt und sogar zwei Tore geschossen.

«Zwei Tore, eine Vorlage»
Seine Tore nutzte Odermatt nach ­jeder Geschichte als Pointe. Eine Frau aus dem Publikum erzählte von einem Spiel in den 70er-Jahren. «Zwei Tore, eine Torvorlage», bilanzierte er. ­Robert Bösiger fragte ihn zu einem Spiel im Jahr 1967. «Ein Tor, zwei Vorlagen, wir gewinnen 3:1.» «Karli» erzählte von einem Spiel mit der Schweizer Nationalmannschaft. Nach einer umfassenden Geschichte meinte er: «Und ich hab das 2:0 geschossen.»
Auch in der Nationalmannschaft hat Karl Odermatt einiges erlebt. So erzählte er von den Vorbereitungen zu einem Länderspiel gegen England im legendären Wembley-Stadion. «In den Katakomben haben tatsächlich zwei englische Nationalspieler geraucht», so Odermatt. «Köbi Kuhn und ich dachten uns, dass diese nicht im Aufgebot stehen.» Auf dem Spielfeld wurden Bobby Moore und Alan Ball jedoch gesichtet. Die Schweiz spielte 1:1 – «und ich schoss das Tor».
Nicht nur beim Thema Nationalmannschaft bewies die FCB-Legende, dass er auch Jahrzehnte nach dem Ereignis in Fahrt kommt, wenn er in Erinnerungen schwelgt. Er erzählte eine Geschichte, wie er 1965 das ­entscheidende WM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande beinahe verpasste, weil er gerade im Militärdienst war. Schlussendlich wurde er vom damaligen Bundesrat Paul Chaudet persönlich aufgeboten. «Karli» hetzte vom Berner Oberland via ­Liestal nach Basel, um dann wieder zurück nach Bern zur Mannschaft zu reisen. Odermatt spielte, die Schweiz schlug die Niederlande 2:1 und qualifizierte sich sensationell für die WM 1966.

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Volksstimme Nr. 107 / 2013