Kurt Schaad
TV-Mann und Lehrer
Fernsehmann Kurt Schaad im «Volksstimme»-Nachtcafé: Ein Leben fürs Schweizer Fernsehen
Fernsehmann Kurt Schaad hat viele Interessen. Im «Volksstimme»-Nachtcafé erzählte er, wie ein Primarlehrer zum Fernsehen kommt und wie ihn der Eiger das Fürchten gelehrt hat. Ausserdem fliegt der Aviatik-Experte selber einmotorige Maschinen.
gr. Er moderiere Sendungen aus Australien, von Berggipfeln oder aus einem Ballon und kriege Ende des Monats erst noch Geld dafür — ob er denn kein schlechtes Gewissen habe. So lautete die erste Frage von «Volksstimme»-Chefredaktor Rolf Wirz an den altgedienten Fernsehmacher Kurt Schaad.
Schaad verneinte, ein schlechtes Gewissen habe er deswegen sicher nicht. Er gab zu bedenken, dass seine Sendungen immer Unikate seien, die nicht geprobt werden können. Das Team stehe unter grossem Druck, die Pilotsendung sei gleich die Sendung. Zu den Kosten seiner Produktionen wollte er sich nicht im Detail äussern: «Die Kollegen vom ZDF sind jeweils sehr erstaunt, wenn sie hören, wie günstig wir produzieren.»
Nicht schwindelfrei
Was Schaad sicher nie vergessen wird, ist die Sendung «Eiger-Live». «Ich bin aber nicht schwindelfrei», so seine erste Reaktion, als er erfahren habe, dass er vom Eigergipfel aus moderieren solle. Nachdem er mit einem Helikopter auf den Gipfel geflogen wurde, musste er erst einen zehn Meter langen, sehr schmalen Grat überwinden — auf beiden Seiten klaffte der Abgrund: «Dies waren die schlimmsten zehn Meter meines Lebens», erinnert sich Schaad.
Viel einfacher sei es gewesen, Bundesrat Samuel Schmid vor die Kamera zu bekommen. In der Sendung «Heimweh», mit Monika Schärer, fuhr man mit einem Heissluftballon verschiedene Gegenden der Schweiz an. Für die jeweilige Gegend typische Geschichten wurden gesucht.
Man war in der Nähe von Schmids Wohnort gelandet. Also versuchte das «Heimweh»-Team, diesen vor die Kamera zu holen, was während dessen Morgenspaziergang mit seinem Hund spielend gelang. Schaad kommentierte trocken: «Niemand wollte glauben, dass das nicht gestellt war.»
Bevor Schaads Fernsehkarriere ihren Lauf nahm und in derartigen Erlebnissen gipfelte, verfolgte er einen ganz anderen Beruf: er war Primarlehrer. Nach eineinhalb Jahren missfiel ihm die Tätigkeit und er bewarb sich auf ein Inserat des Schweizer Fernsehens. Gesucht wurde ein Volontär für die Abteilung Unterhaltung.
Schaad bestand die Eingangstests und bekam die Volontariatsstelle. Während seiner Ausbildung arbeitete er mit Grössen wie Mäni Weber oder Kurt Felix. Zur damals im Aufbau befindlichen Vorabendsendung «Karussell» kam Schaad durch internen Zwist. Er habe sich mit einem Abteilungsleiter überhaupt nicht mehr verstanden, dieser empfahl ihm, es beim «Karussell»-Team zu versuchen.
Niemand glaubte so richtig an den Erfolg dieser Sendung, gab ihr keine allzu lange Lebensdauer. Doch der «vermeintliche Haufen Sozialfälle», so Schaad, war schon nach drei Monaten erfolgreich, der Rest ist Geschichte. Nach «Karussell» holte ihn Erich Gysling zur Tagesschau.
Schaads stetige Richtungswechsel innerhalb des gleichen Fernsehsenders seien für ihn wie Jobwechsel. Zwar habe er ein, zwei Angebote bei anderen Sendern genauer betrachtet, sei aber jeweils froh gewesen, sie nicht angenommen zu haben. In beiden Fällen habe der jeweilige Sender bald seine Türen geschlossen.
An Untersuchung beteiligt
Für die Zukunft hat Schaad einige Projekte in der Pipeline. Die nächste Sendung, an der er mit seinem Team arbeitet, wird «Saturday Night Life» heissen. Von sechs Uhr abends bis sechs Uhr morgens wolle man eine Samstagnacht lang von verschiedenen Schauplätzen aus senden. Dabei soll es nicht nur um Leute im Ausgang gehen, auch ganz andere Aspekte sollen beleuchtet werden.
Zurzeit pendelt Schaad oft zwischen Halifax, Kanada, und der Schweiz hin und her. Er arbeitet an einem Dokumentarfilm über den Absturz der Swissair-Maschine vor der kanadischen Küste. Der Aviatik-Experte Schaad begleitet das Untersuchungsteam. Bis zur Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse ist er der Schweigepflicht unterstellt,
Befunde durfte er also keine nennen.
Nach einem detaillierten Exkurs über Flugunfalluntersuchungen im Allgemeinen und zum Swissair-Debakel, äusserte sich Schaad zu seinem Hobby — er fliegt selber einmotorige Maschinen. Am meisten fasziniere ihn daran, dass «das Flugzeug auf der Piste rollt und dann ziehst du an einem Hebel und plötzlich hebst du ab.»
Volksstimme Nr. 149 / 2002