Kevin Schläpfer
Trainer EHC Biel
Der Sissacher «Hockeygott» Kevin Schläpfer beweist bei seinem Heimauftritt, dass das Sprücheklopfen durchaus auch Raum lässt für Tiefgründiges.
jg. Kevin streckt die Brust raus, um zu zeigen, wie er damals an John Slettvoll vorbeijoggt. Kevin humpelt gebückt über die kleine Bühne. Kevin imitiert die kanadischen Trainerkollegen. Kevin mimt sich selber, wie er seinen ersten Auftritt im gleissenden Eishockey-Rampenlicht genossen hat. So viel Theater hat es bei keinem Nachtcafé zuvor gegeben, und höchstens bei Humor-Profis wie Mike Müller wurde so viel gelacht.
Dabei ist Kevin Schläpfer, der am Donnerstag in Sissach zu Gast im Nachtcafé der «Volksstimme» war, «bloss» Eishockey-Trainer in der obersten Liga des Landes – und zwar ein sehr erfolgreicher. Wer ihn in der Oberen Fabrik miterlebt hat, der traut diesem lauten Sprücheklopfer gar nie zu, sich in diesem harten, gnadenlosen Business zu behaupten.
Wer aber nicht nur hin-, sondern auch zugehört hat, dürfte nun wissen, weshalb Schläpfer als Trainer weit erfolgreicher ist, als ihm das alle Fachleute je zugetraut hätten.
Zum Beispiel pflegt er als Trainer einen engen, lockeren und vor allem launigen Kontakt zu seinen Spielern, und dazu gehört auch, dass er keine Sonderbehandlung kennt. «Weisst du noch? Dir sagte ich einmal, dass du eine Figur wie ein Schiffscontainer hast, weil du zu viel isst», sagte er zu einem Zuhörer, der einst als Teenager bei Schläpfer ein Eishockey-Sommercamp besucht hatte. Schläpfer, der selber keinen Alkohol trinkt, aber Kuchen und Nutella nicht widerstehen kann, verbot im Bieler Eisstadion auch, dass an Jugendliche nach dem Training Pommes frites verkauft werden.
Um ihn ist es laut und lustig
Kevin Schläpfer, der aktuell mit seinem EHC Biel auf dem letzten Play-off-Platz liegt, landete im Stile eines Topskorers bei seinem Heimspiel in Sissach mit seinen Anekdoten einen Treffer nach dem anderen. Gesprächsleiter und Sportredaktor der «Volksstimme» Thomas Ditzler lancierte ihn dazu mit geschickten Steilzuspielen. «Ich hab es halt gerne laut und lustig», gestand Schläpfer. Dabei offenbarte der Eishockey-Verrückte auch gegenteilige Seiten: Er sprach vom zermürbenden Druck, der ihn oft nicht schlafen lässt, gestand ein, dass bei ihm am Ende der kräftezehrenden Saison einfach die Tränen fliessen, und als der Bieler «Hockeygott» von heute auf seinen ersten Übernamen «Prinzli» angesprochen wurde, versagte ihm die Stimme. Sein Vater, der eigentlich sein Stiefvater war, hatte ihm diesen Namen gegeben, weil er alles für die Eishockey-Karriere seines Sohnes unternahm. Im Frühjahr ist er verstorben.
Schläpfers Art polarisiert
Kevin Schläpfer genoss es sichtlich, in seinem Wohnort Sissach auftreten zu können. Hier hat der polarisierende Schläpfer zwar viele Neider, aber noch mehr Freunde. «Hier bin ich nicht der Biel-Trainer, hier bin ich der Kevin», sagte er im Verlauf des Abends in der voll besetzten Oberen Fabrik. Die Mehrzahl der Gäste kennt er persönlich, er duzt alle und ist für sie «der Kevin».
Nur in einem Punkt hört seine Liebe zu Sissach auf. Für ihn kommt es nicht infrage, an der Bande von ZS, seines ersten Vereins, dereinst seine turbulente Eishockey-Laufbahn abzuschliessen. «In Sissach gibt es zu viele Eishockey-Experten. Da wäre ich zum Scheitern verurteilt.»
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Volksstimme Nr. 128 / 2011