Augenschein vom 09.07.2004   Liste aller Augenscheine       

Zwölf Fussballfelder für 250000 Pakete täglich

Zwölf Fussballfelder für 250000 Pakete täglich Die Sortierstränge verteilen die Pakete.
250 000 Pakete durchlaufen im Schnitt täglich das Paket zentrum Härkingen. «Volksstimme»-Leserinnen und -Leser sahen sich den Päcklimoloch aus der Nähe an.

wi. Pakete. Lauter grosse und kleine Päckli. Gelbe Plastik kisten, Schachteln, Pakete, wo das Auge hinreicht. Und Förderbänder. Kippschalen. Stangen kreuz und quer. Und da soll noch einer drauskommen. Kommt aber, denn das Ganze läuft und läuft und läuft. Nach technischen Startschwierigkeiten ist Härkingen neben Daillens und Frauenfeld heute eines von drei Paketzentren in der Schweiz. Die Paketzentren sind das Herzstück in der Logistik der Paketpost.
250 000 Päckli passieren den Sortiermoloch jeden Tag. Im Dezember seien es aber auch schon mal 356000 Pakete gewesen, weiss Doris Biberstein, unsere Führerin, zu berichten. Bevor wir in die Tiefen des Zentrums steigen, wirft sie mit ein paar Superlativen um sich. Das Gelände ist 70000 Quadratmeter gross, was ungefähr zwölf Fussballfeldern entspricht. Das Gebäude des Paketzentrums ist allein 24600 Quadratmeter gross.

40 Züge jeden Tag
131 Tore hat Härkingen, sechs Bahngleise, 400 Mitarbei ter, davon 160 in der Distributionszone Mitte, 40 Züge werden jeden Tag abgefertigt, 150 LKWs, 5000 Rollboxen, 700 Wechselbehälter... Das Paket zentrum Härkingen verfügt über 26 automatische Adressleser, drei Sortierstränge mit 2423 Kippschalen und 344 Rutschen. Wir sehen in einem Filmbeitrag, wie ein Paket von Cully im Waadtland über Daillens und Frauenfeld nach Poschiavo im Bündnerland spediert wird. Das Paket legt dabei rund 600 Kilometer zurück.
Draussen auf der Besucher plattform können wir einem der zwei imposanten Containerkrä ne zusehen wie er die gelben Container von Bahnwagen in eine vorgelagerte Zone stellt. Von hier oben sieht das aus wie ferngesteuert. Ständig fahren Speziallastwagen mit oder ohne Wechselbehälter auf dem riesigen Gelände hin und her. Auf den Besucher wirkt das Ganze ziemlich unkoordiniert.
Dabei werden sämtliche Bewegungen von der Leitstelle aus, welche 24 Stunden besetzt ist, gesteuert. Der Kranführer erhält per Computer einen Auftrag, den er bestätigt, sobald er ihn ausgeführt hat. Bereits bei der Einfahrt eines Zuges oder ein LKWs auf das Gelände liest ein Transponder was sich in den Wechselbehältern befindet.
Diese Wechselbehälter werden über ausfahrbare Teles kop-Rollbänder entladen. Die Päckli werden erfasst, das heisst, die Adresse wird sofern möglich elektronisch gelesen, und über so genannte Kreuzweichen entweder direkt an die anderen beiden Paketzentren Daillens und Frauenfeld weitergeleitet oder aber der Distributionszone Mitte zugeteilt. Drei Sortierstränge bewältigen diese Arbeit.

Komplizierte Abläufe
Was relativ einfach klingt ist in Tat und Wahrheit viel komplizierter. Ist die Adresse nicht elektronisch lesbar, wird das Päckli per Videocodierung bearbeitet, funktioniert auch das nicht muss die Adresse manuell erfasst werden. Rund 80 Prozent aller Päckli in Härkingen können automatisch erfasst wer den, zwölf Prozent per Videocodierung und sechs Prozent manuell.
Die Pakete werden aber auch gemessen und gewogen. Sind sie grösser als 60 mal 60 mal 100 Zentimeter können sie nicht über die Anlage geführt werden und gelten als Sperrgut. Sie müssen von Hand sortiert und dem Zielort zugewiesen werden. Ein Unterschied wird natürlich auch zwischen Priority und Economy gemacht. Ein Priority-Paket wird am nächsten Werktag zugestellt, wenn es an der Poststelle bis Annahmeschluss am Vormittag, spätes tens aber bis 12 Uhr aufgegeben wurde.
Die automatisch erfassten Pakete werden über die sechs Stundenkilometer schnellen Förderbänder in der Anlage «spazieren geschickt». Über die so genannten Kippschalen gelangen sie auf die Rollbänder, wo sie von Hand in die entsprechen den Rollboxen abgefüllt werden. Jede Rollbox enthält Pakete für jeweils einen Zielort, was ein Paketbote oder direkt eine Poststelle sein kann.
Interessant ist es zuzusehen, wie die Kippschalen die Pakete am richtigen Ort wie von Geisterhand ausspucken. Unseren Augenschein-Teilnehmern brennt die Frage auf der Zunge, wie denn die Kippschale merke, wenn sie am richtigen Ort sei? Der Barcode auf dem Paket melde dem Computer, wo das Paket hinmüsse, erklärt Doris Biberstein. Der Computer zähle dann über die Transport noppen ab wie weit er das Päckli tragen müsse.
Nach der interessanten und aufschlussreichen Führung erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des «Volksstimme»-Augenscheins in Härkingen im Personalrestaurant noch etwas zu trinken und ein Süssgebäck. Sie verlassen das Paketzentrum mit der Gewissheit, nun zu wissen, welchen Weg ihre Postpakete gehen und was es künftig bei der Adressierung von Paketen zu beachten gilt.

(Bild Michael Greilinger)

Volksstimme Nr. 82 / 2004