40 «Volksstimme»-Leser freuen sich vor den Pforten des Novartis Campus auf den bevorstehenden «Augenschein».
7500 Menschen arbeiten im Norden Grossbasels in der Forschung, Entwicklung und Administration für die Firma Novartis im Novartis Campus. Der «Volksstimme-Augenschein» war auf Besuch in der «Stadt in der Stadt», in einer Welt der Stararchitekten und Koi-Fische.
«Eine Fotoreportage können wir leider nicht zulassen.» Das war die klare Direktive der Novartis vor dem «Augenschein», der 40 «Volksstimme»-Leser in den äussersten Norden Basels führte: Fotografieren ist streng verboten.
Schauen hingegen war erlaubt: In zwei Gruppen erkundeten die Besucher aus dem Oberbaselbiet unter Führung von Jacqueline Maurer und Verena Berger das Areal des Chemiekonzerns, das unter dem Namen «Novartis Campus» weltweit Bekanntheit erlangt hat. Die erste Idee entstand 1999, auf dem Gebiet der Chemiefabrik im Quartier St. Johann, dem Gelände der alten Gasfabrik und des Grossbasler Rheinhafens, einen Campus für Forschung, Entwicklung und Administration hochzuziehen. Bis 2030 sollen 59 Gebäude auf dem Campus stehen, derzeit sind deren 17 realisiert. Kosten bis jetzt: rund 2,2 Milliarden Franken.
«Der Zweck des Campus ist, die besten Leute nach Basel zu locken und zu behalten», erklärte Jacqueline Maurer. Zukünftig sollen alle Basler Standorte an derselben Stelle zusammengefasst werden, um die Wege zu verkürzen und sowohl Kommunikation als auch Kreativität zu fördern. Ziel gemäss Maurer: «Wir wollen schneller zu besseren Medikamenten kommen.»
Arbeit im Café oder im Park Maurer lobte die offene Arbeitsplatzgestaltung, in der die 7500 Angestellten aus 87 verschiedenen Nationen arbeiten. Informelle Begegnungen unter den Forschern sind überall möglich, man kann sich auch im Café, auf einer Sitzinsel oder im Park treffen, und dank der Abdeckung von WLAN auf dem gesamten Gebiet lässt sich überall am Internet arbeiten.
Bei der Führung durch den Campus, diese ausschliesslich für Novartis-Angestellte errichtete Stadt, zeigte sich das beeindruckende Ausmass der Siedlung. Auf 22 Hektaren orchestriert der italienische Stararchitekt Vittorio Magnago Lampugnani den Bau. Jedes einzelne Gebäude hat ein anderer bekannter Architekt entworfen.
Die Häufung von illustren Namen der internationalen Architekturszene ist so gross wie sonst nirgends auf der Welt. Der Campus gilt deshalb als Magnet für Architekturfreaks – mit dem Hindernis, dass der Zutritt den Mitarbeitenden von Novartis vorbehalten ist. Andere haben – ausser bei Führungen – keine Möglichkeit, sich das Gelände und die berühmten Häuser anzusehen.
Autofreie Strassen «Mindestens ein Element der Transparenz ist Voraussetzung bei jedem neuen Gebäude», erklärte Verena Berger während der Führung durch den architektonischen Hochflug aus Glas und Beton. Dies ist eine der vielen Vorgaben, die die Architekten zu berücksichtigen haben: Eine Seite ins Grüne, eine Seite mit Arkade, Höhe im Normalfall 23 Meter?...
Auf dem ganzen Areal sind immer wieder Menschen anzutreffen, die in einem Park sitzen oder auf dem Velo über die Strasse fahren; ausser dem firmeneigenen Shuttlebus gibt es keine Autos im Campus. Auch Werbeplakate, die in der Welt ausserhalb der Campusmauern das Strassenbild dominieren, fehlen – ausser vereinzelten Plakaten von Kunstausstellungen.
Überall in den offenen Büros wird gearbeitet – der Blick ins Innere der Gebäude bleibt den «Augenschein»-Teilnehmern deshalb mit wenigen Ausnahmen verwehrt. Doch auch von aussen bietet die «Stadt» auf dem Campus einiges. Jeder Architekt hinterliess eine ganz persönliche Note.
Dafür, dass der Novartis Campus eine in sich geschlossene Welt hinter Sicherheitsabschrankungen ist, wurde der Weltkonzern schon öfters kritisiert. Er habe im Norden Basels eine «verbotene Stadt» errichtet, wurde moniert. In der Tat hat Novartis mehrere öffentliche Strassen «privatisiert» und sogar den Zoll in Richtung Hüningen versetzen lassen. Der Campus an sich befindet sich allerdings nur auf Schweizer Staatsgebiet – auf französischem Boden hat die Novartis Park- und Sportplätze angesiedelt.
Abgeschottet von der Welt Ein bisschen macht es wirklich den Eindruck, als befände man sich in einer Stadt für sich – säuberlich abgeschottet von der Aussenwelt und deren Unbill – mit verschiedenartigen eigenen Restaurants, mit Apotheke, einem kleinen Supermarkt, Kindertagesstätte, Fitnesscenter, «Reading Hall» und weiteren Exklusivitäten. Jede Menge Kunst, zumeist geschaffen von berühmten Namen, verzieren Strassen, Plätze und Gebäude, und in einem Teich schwimmen 60 Kois, eine wertvolle japanische Goldfisch-Art. Nur etwas fehlt: ein Hotel. «Hier soll nicht übernachtet werden», so Berger.
Der Campus sei ein Arbeitsareal, betont sie. Auch wenn die «Welt für sich» für den staunenden Besucher aus dem Oberbaselbiet nur bedingt so wirkt.