Augenschein vom 09.03.2018   Liste aller Augenscheine       

Grosses Interesse am «Augenschein» im Chienbergtunnel

Grosses Interesse am «Augenschein» im Chienbergtunnel Diese Türen öffnen sich nicht oft. Am Mittwochabend schliesst Urs Hess, Leiter des Bereichs Kantonsstrassen beim Tiefbauamt, den Einstieg in die Unterwelt des Chienbergtunnels für mehr als 100 Besucher des «Volksstimme»-Augenscheins auf. Unten angelangt, geht es einem schmalen Fluchttunnel entlang bis zur Stelle, wo der Berg den Tunnelingenieuren am meisten Arbeit macht. Hier steht man unter der Fahrbahn, aber vom Verkehr ist nichts zu hören. Die 70 Zentimeter dicke Betondecke dämmt jedes Geräusch. Einzig ein gelegentliches kurzes Poltern verrät, dass ein Automobilist die Mittellinie überquert hat und dabei über einen Schachtdeckel gefahren ist.
Der Anblick der langen Reihen Felsanker, die sich links und rechts des Tunnels entlangziehen, gleicht fast der Installation eines Künstlers. Ein Kunstwerk, an dem ständig gebaut werden muss, weil der Gipskeuper, das vorherrschende Gestein in diesem Abschnitt, die fatale Eigenschaft hat, sich in Verbindung mit Wasser auszudehnen. Die Folge: Das Material drückt auf das Bauwerk und muss daher ständig überwacht und immer wieder entfernt werden.
Um zu zeigen, unter welchen Bedingungen hier gearbeitet wird, hat Urs Hess an diesem Mittwoch eine Schicht etwas später beginnen lassen. Die Tunnelarbeiter tragen hinter den sogenannten Knautschelementen, die das Tunnelfundament tragen, Gestein ab. Eine Arbeit, die sie wegen Platzmangels nur gebückt verrichten können.
Den eindrücklichen Ausführungen von Hess folgen die Teilnehmer des «Augenscheins» mit Interesse. Der Chienbergtunnel übt vielleicht deshalb eine besondere Faszination aus, weil die Natur hier dem Menschen zeigt, dass sie nicht so leicht zu bezwingen ist. Und den Menschen herausfordert, sein ganzes Ingenieurswissen anzustrengen, um seine Pläne durchzusetzen. Das ist bis jetzt gelungen. Der Aufwand dazu ist jedoch nicht nur arbeitstechnisch, sondern auch finanziell erheblich. Eine halbe Million Franken kostet der bauliche Unterhalt pro Jahr.

Volksstimme Nr. 29 / 2018