«Volksstimme-Augenschein» in der Kantonsbibliothek Liestal
Die «Volksstimme»-Leser treffen sich zum «Augenschein» vor der Kantonsbibliothek in Liestal.
Dass die Kantonsbibliothek weit mehr als eine Ansammlung von Büchern, Zeitschriften und elektronischen Medien ist, erfuhren die Teilnehmenden des «Volksstimme-Augenscheins» auf eindrückliche Art.
Schon das Äussere der markanten Kantonsbibliothek am Emma Herwegh-Platz beim Bahnhof Liestal besticht durch eine eigenwillige Architektur und lässt vermuten, dass es sich um etwas Spezielles handeln muss. Dass die Kantonsbibliothek etwas besonders ist, bestätigte auch Kantonsbibliothekar Gerhard Matter, der es ausgezeichnet verstand, die Geschichte des Hauses und der Bibliothek seinen Gästen zu erzählen. Seine Gäste, das waren 20 Teilnehmer des dritten «Volksstimme-Augenscheins», die sich auf eine Zeitreise zurück zu den Anfängen des Kantonsmuseums machten.
Das heutige Kulturgebäude wurde, wie Matter berichtete, 1924 als Gewerbeliegenschaft erstellt und diente unter anderem der Firma Roth als Lagerhaus für Kolonialwaren. Diese Zeit ist Heinrich Schwob aus Sissach, einem der Teilnehmenden, noch in bester Erinnerung: «Wir haben hier früher pro Tag bis zu 16?000 Flaschen Wein abgefüllt», berichtete der frühere Mitarbeiter und Chauffeur. Auf die edlen Tropfen verweisen nur noch ein paar Namen an der historischen Balkenlage.
Leseratte und Bücherwurm Ursprünglich kaufte der Kanton das Areal mit der Absicht, weiteren Raum für die kantonale Verwaltung zu schaffen. Nach einer Zwischennutzung wurde das Objekt durch die Liechti Graf Zumsteg Architekten zur heutigen Kantonsbibliothek umgebaut.
Es ist eine Symbiose zwischen alt und neu: Um das Tageslicht, das durch die «Laterne» auch vom Dach und von der Fensterfront her einfällt, optimal nutzen zu können, kommen die Böden und die Wände in einem forschen Gelbgrün daher. «Es hat einige Überzeugungskraft gekostet, das für den Bau verantwortliche Hochbauamt vom Sinn dieser Farbe zu überzeugen», erzählte Matter. Beim Volk komme das helle Lindengrün mit dem weichen Kontrast zum Mobiliar jedenfalls vorbehaltlos an.
Von unten betrachtet, fügt sich der Betonbau harmonisch an die Gebäude der Kantonsverwaltung an. Vom Bahnhof her erinnert er eher an eine asiatische Pagode. Auffallend sind die roten Ziegel auf dem Dach und an der Fassade. Wer im Zug sitzt, dem sticht die Ziegelinschrift «À la» ins Auge. Dies sei Teil der Kunst am Bau, erklärte der Kantonsbibliothekar. Das Pendant «Recherche» in Form eines Mosaiks findet sich im Innern. Zum äusseren Gebäudeschmuck gehören auch die Leseratte und der Bücherwurm.
Von 0 auf 90?000 Titel 1838 gegründet, waren die Bücherregale noch völlig leer. Es gab nur ein Reglement über die nicht vorhandenen Bücher. Deshalb wurden nur Leute in die Bibliothekskommission gewählt, die privat über eine Büchersammlung verfügten. Bei einem Rücktritt wurde erwartet, dass zumindest ein Teil der privaten Bücher der KBL übergeben wurden. Heute besuchen täglich über 1000 Personen die Institution mit Leseecken. 80 Prozent der Leute sind Auswärtige. Jährlich werden über 800?000 Bücher, Zeitschriften, CDs und weitere Medien ausgeliehen. Zur freien Verfügung stehen rund 90?000 Titel. Dank modernster Technik und Internet (www.kbl.ch) lässt sich das Gewünschte kundenfreundlich rasch auffinden.
Wer den Suchbegriff «Dönhoff» eingibt, wird 25 Mal fündig. Der «Globi» bringt es sogar auf 208 Treffer. Das Jahresbudget der KBL, die 42 Personen in einem Pensum von 23 Vollzeitstellen beschäftigt, beträgt 3 Millionen Franken. Im Schnitt wird ein Medium pro Jahr acht Mal ausgeliehen. Obwohl nachts geschlossen, ist die KBL, wie Matter sagte, der attraktivste Ort des Nachtlebens in Liestal. Denn pro Nacht wird der Rückgabetresor im Schnitt rund 1000 Mal benützt.