Augenschein vom 21.07.2005   Liste aller Augenscheine       

Wo 24 Stunden die Alarmbereitschaft herrscht

Wo 24 Stunden die Alarmbereitschaft herrscht Hier laufen bei einer Alarmierung die Fäden zusammen:-Teamleiter Rolf Neyerlin (Mitte) erklärt die Abläufe in der Alarmzentrale.
Wenn bei der Baselbieter Polizei ein Notruf eingeht, klingelt das Telefon in der Alarmzentrale Gutsmatte in Liestal. Sieben Personen nehmen dort im 24-Stunden-Betrieb Notrufe entgegen und entscheiden über die ersten Massnahmen.

gr. «Das Pentagon des Baselbiets». So könne man die Alarmzentrale Gutsmatte in Liestal auch nennen, sagte Meinrad Stöcklin, der Mediensprecher der Polizei Basel-Landschaft. Für die gut 20 Teilnehmenden des dritten «Volksstimme»-Augenscheins war es doch etwas einfacher ins Gutsmatte-Gebäude an der Rheinstrasse zu gelangen als ins Pentagon.
Besonders gesichert sind die Räume, in denen sich die Alarmzentrale befindet. Franz Meier und Roland Neyerlin, zwei Teamleiter der Alarmzentrale, welche die Augenschein-Teilnehmenden führten, mussten an der Türe einen Code eingeben, um sie zu öffnen: «Sonst stehen plötzlich ein paar Polizisten mit Maschinengewehren hier», sagte Neyerlin.

Schnell entscheiden
Das ist verständlich, ist die Alarmzentrale doch das Herzstück der Arbeit der Polizei Basel-Landschaft. Zwar wirken die Räume nüchtern und unspektakulär, doch hier kommen die Notrufe an. Wer einen Anruf entgegennimmt, muss sofort entscheiden, was zu tun ist: «Hier laufen die Fäden zusammen, wir entscheiden über erste Massnahmen und geben Aufträge an eine Polizeipatrouille» erklärte Neyerlin den Ablauf.
Modernste Technologie hilft dabei: An einem Arbeitsplatz befinden sich Telefon, Funk und mehrere Monitore. Auf einem Monitor ist das Polizeijournal aufgeschaltet, welches die Angaben der Polizisten über die Art und den Ablauf des Einsatzes enthält.
Informationen über kontrollierte Fahrzeuge können via Datenbank der Motorfahrzeugkontrolle abgerufen werden: «Mit verschiedenen Suchmasken können wir herausfinden, wer der Halter ist, was am Fahrzeug abgeändert worden ist und so weiter», so Neyerlin.
Ein wichtiges Instrument ist das Recherchesystem «Ripol». Personen, die zur Fahndung ausgeschrieben sind, sind dort verzeichnet. Zugriff haben sämtliche Polizeikorps der Schweiz, zur Verfügung gestellt wird das System durch den Bund.
Etwas weiter sind unsere Nachbarn im Norden: «In Deutschland haben die Patrouillen das entsprechende System im Auto dabei, auf einem Laptop», sagte Neyerlin. In der Schweiz müssen die Daten noch per Funk erfragt werden.

Per Mausklick zur Feuerwehr
Was Neyerlin im Ernstfall genau tut, demonstrierte er an einem Beispiel. Würde im Sissacher Alters- und Pflegeheim Mülimatt ein Brand ausbrechen und der Alarm ausgelöst, gibt dieser in der Alarmzentrale an. Ein Mausklick, und ein Fenster erscheint, in dem sämtliche Stellen aufgelistet sind, die benachrichtigt werden müssen.
Mit einem weiteren Mausklick ist der diensthabende Polizist mit dem Einsatzleiter der Stützpunktfeuerwehr Sissach verbunden. Noch ein Mausklick und schon ist der Alarm auf den Pagern der Feuerwehr. So kontaktiert der Polizist in der Alarmzentrale Sanität, Chemiewehr oder wer auch immer aufgeboten werden muss: Keine Telefonnummer braucht von Hand eingestellt zu werden, alles geht mit einem Klick. Anders ginge es nicht – das Telefon hat gar keine Tastatur mehr.
Ähnlich läuft das Prozedere bei einem Einbruchsalarm. Auf einer Karte auf dem Bildschirm sieht der Polizist, wo Alarm ausgelöst wurde. Ein weiterer Klick und auf dem Monitor erscheint ein Detailplan des Gebäudes, aus dem gleich ersichtlich wird, wie viele Polizisten fürs Erste vor Ort sein müssen oder welche Wege es ins oder aus dem Gebäude gibt. Allerdings: Das alles funktioniert nur für die Alarmsysteme von Gebäuden, die direkt an die Alarmzentrale angeschlossen sind.
Auf einem weiteren Monitor ist eine Karte, auf der die Positionen der Streifenwagen zu sehen sind. Auf einer Karte des Baselbiets befinden sich grüne, blaue und rote Rechtecke; jedes steht für einen Wagen: «Die grünen sind frei, die roten sind im Einsatz und die blauen haben einen speziellen Auftrag», sagt Neyerlin. Ein paar Mausklicks und schon ist die Karte so vergrössert, dass sie die den genauen Einsatzort als Luftbild zeigt.

Höchste Aufregung
Bis ein Polizist die Arbeit der Alarmzentrale beherrscht, braucht es laut Neyerlin ein Jahr Ausbildung. Die Arbeit dort ist nicht immer einfach: «Beispielsweise beim Brand in der Giesserei in Liestal am Montag war hier eine halbe Stunde lang alles in höchster Aufregung», sagte Neyerlin.
Auch die Arbeitszeiten sind happig: Sieben Personen teilen sich die Arbeit in zwei zwölfstündigen Schichten, jeweils von halb sieben bis halb sieben. Auch während der halbstündigen Pause müsse man in Bereitschaft sein, so Neyerlin. Der Vorteil: Man habe seine Wochenarbeitszeit schnell beisammen und oft einige Freitage, so Neyerlin.
Längerfristig soll es nur noch eine Notfallnummer geben, welche  die 117 der Polizei und die 118 der Feuerwehr ersetzt und über welche die Sanität anvisiert werden kann. Im Baselbiet funktioniert das über die 112 schon: «Ob ein Unfall, ein Einbruch oder ein Brand, man kann heute schon für alles über die 112 Hilfe anfordern», sagte Neyerlin.

Ein Blick ins Museum
Um das Bild der Polizeiarbeit abzurunden führte Mediensprecher Stöcklin die Anwesenden durchs kleine Polizeimuseum im Keller der Guts-matte. «Anhand von drei Zeitachsen zeigen wir die Entwicklung vom Landjäger bis zur heutigen Polizei», sagte Stöcklin.
Für die Jahre um 1870, 1950 und 2001, markiert von den entsprechenden Uniformen, zeigten jeweils zwei grössere Vitrinen typische Exponate. Das umfasste Beweisstücke, Protokolle, Tatortskizzen, Waffen, Dienstmarken, Reglemente, Fotos und vieles mehr. Da gabs auch eine alte Polizeipostenlaterne zu bestaunen. Und wer wollte, konnte sich auf den Stuhl setzen und in die Kamera blicken, mit der einst Verbrecher fotografiert wurden.

(Bild Rolf Wirz)

Volksstimme Nr. 85 / 2005