Augenschein vom 04.08.2005   Liste aller Augenscheine       

Heiss ist es nicht nur, wenn es brennt

Heiss ist es nicht nur, wenn es brennt …muss sich sofort in Sicherheit bringen…
Beim «Volksstimme»-Augenschein bei der Stützpunktfeuerwehr Sissach ging es heiss zu und her. Gezeigt wurde unter anderem wie man eine mit Öl gefüllte brennende Pfanne löscht oder wie ein Auto aufgeschnitten wird.

wi. Bei Reto Zumbrunnen brennt es. Der bei der Stützpunktfeuerwehr Sissach für Ölwehr zuständige Feuerwehrmann hat eine Pfanne mit Öl in Brand gesetzt. Diese soll gelöscht werden. Mit Wasser?
Zumbrunnen nähert sich der brennenden Pfanne in seinem Brandschutzanzug und leert einen Becher Wasser über die Flammen. Puff! Eine richtig gehende Explosion ist die Folge. Öl niemals mit Wasser löschen, warnt Zumbrunnen eindringlich.
Am «Volksstimme»-Augenschein im Magazin der Stützpunktfeuerwehr an der Gewer bestrasse 25 in Sissach vom Mittwochabend zeigten die Feuerwehrleute nicht nur das Löschen von Bränden, sondern ihre ge samte Einsatzpalette. Die Verkehrsrettung wurde demons triert, der Fahrzeugpark er- läutert, die Schutzbekleidung erklärt und eben der Bereich Brandwehr demonstriert.

Video über einen Einsatz
Eingangs hatte Kommandant Adi Schaub anhand eines Videofilms vorgeführt, wie sich ein Einsatz konkret abspielt. Der Brand bei der Sissacher Schreinerei Madörin am Ostermontag war von einem Augenzeugen gefilmt worden. Da sich das Feuerwehrmagazin in unmittelbarer Nähe be findet, konnte dieser auch die Abläufe des Feuerwehreinsatzes mitfilmen.
Nach der Alarmierung fährt als erstes der diensthabende Offizier im Kommandowagen vor. An ihm ist es, den Einsatz zu koordinieren. Nach und nach treffen weitere Feuerwehrleute beim Magazin ein. Bald rückt das erste Fahrzeuge aus. Auch das Hubrettungsfahrzeug fährt auf dem Brandplatz vor.
Nach einer gewissen Zeit werden die hoch lodernden Flammen von zwei Seiten mit Wasser unter Beschuss genommen. Irgendwann ist der Brand gelöscht und nur noch dichter weisser Rauch qualmt aus dem Gebäude. Was auf dem Video locker aussieht, setzt klar geregelte Abläu fe sowie Übungen voraus und ist letztlich trotzdem Knochenarbeit.
Knochenarbeit leistet am Augenschein auch Reto Zumbrunnen. Er kommt ins Schwitzen während er einen brennenden Adventskranz mit Löschdecken be kämpft und in Brand stehende Pfannen mit Feuerlöschern erstickt. «Ihr seid die Feuerlöscher, das ist nur das Werkzeug», sagt Zumbrunnen und lädt die Anwesenden ein, einmal selber einen Feuerlöscher in die Hand zu nehmen.
Auf jeden Fall sollte man bei einem Brand zuerst die Feuerwehr verständigen, gibt Zumbrunnen mit auf den Weg. Der Höhepunkt seiner Vorführung ist, als er die Wirkung einer überhitzten Spraydose demonstriert. Diese explodiert richtiggehend und schiesst mit einem heftigen Knall ins Gelände.

Rund 40 Fehlalarme
160 Einsätze leistet die Stützpunktfeuerwehr Sissach im Jahr. Rund 40 davon sind Fehlalarme. Die Stützpunktfeuerwehr, welche die Gemeinden Itingen, Zunzgen, Nusshof und Sissach umfasst, ist auch für die Autobahn zuständig zwischen Bölchen- und Arisdorftunnel. Dort jedoch ab der Autobahneinfahrt Sissach nur auf der Bergspur bis und mit Tunnel. Für den Bereich Öl wehr ist die Stützpunktfeuerwehr Sissach bis Augst verant wortlich.
Bei Verkehrsunfällen kommt das Verkehrsrettungsfahrzeug zum Einsatz, welches etliche technische Besonderheiten aufweist. Am wichtigsten sei es, sagt Kommandomitglied Stefan Schaub, dass ein Unfallfahrzeug zuerst stabilisiert werde. Gerade bei Personen mit Rückenverletzungen dürfe sich ein Fahrzeug nicht mehr bewegen.

Zum Schluss in die Höhe
Eindrücklich ist auch wie bei einem Unfallwagen die Scheiben eingeschlagen und dann die Türen mit hydraulischem Spreizwerkzeug und Zangen entfernt werden (siehe Kasten). 16 Tonnen Spreizkraft hat eine dieser so genannten Spreizer. Die Autotüre biegt es auf jeden Fall weg, wie wenn sie aus Marzipan wäre.
Am Schluss des «Volksstimme»-Augenscheins bei der Stützpunktfeuerwehr Sissach nutzen einige Teilnehmende noch die Gelegenheit mit dem Hubrettungsfahrzeug in die Luft zu steigen und die Aussicht hoch über den Dächern von Sissach zu geniessen.

«Ich will Feuerwehrmann werden!»
«Freiwillige vor!» – Alle Teilnehmenden meiner Gruppe übten vornehm Zurückhaltung. Dabei durfte man ungestraft Autoscheiben einschla gen. «Vielleicht der Fotograf?», fragte mich Rolf Thoma, Front-Offizier, der den Augenschein-Teilnehmenden demonstrierte, wie man ein Auto fachgerecht zerlegt. Also gut, ich liess mir von Thomas Assistenten Chris toph Buchmann ein Werkzeug in die Hand drücken, das wie ein überdimensionaler Kugelschreiber aussah. «Ist ganz einfach, du setzt die Spitze in einer Ecke der Scheibe an, drückst drauf, und dann ist sie draussen.» Ich fasste Handschuhe und einen Helm, klappte das Visier herunter, setzte das Werkzeug an. Wow! Da muss man kaum drücken, schon zersplittert die Scheibe. Dann gings dran, eine blockierte Autotür aufzuwuchten, mit hydraulischem Spreiz- und Schneidewerkzeug. Niemand riss sich da rum, die schweren, gefährlich aussehenden Werkzeuge zu bedienen. Ich durfte also weiter Feuerwehrmann spielen. Also, nochmals Handschuhe und Helm und eine schwere Jacke gefasst. Eine kurze Unterweisung von Buchmann, wie der Spreizer funktioniert, dann: «Setz mal über der Türfalle an, drück die ganze Tür von oben zusammen, damit sich das Blech wegbiegt!» Ich tat, wie geheissen, das Werkzeug gehorchte einigermassen und kaum angesetzt, bog sich das Blech mehr oder weniger wie gewünscht weg. Zwischen vorderer und hinterer Türe klaffte ein Spalt. Von oben nach unten sollte ich diesen mit dem Spreizer immer weiter auseinander biegen. Das Werkzeug wurde immer schwerer, der Schweiss unter der Jacke und dem Helm begann zu fliessen – dann: die Türe sprang auf! Und sah ziemlich lädiert aus. Das gleiche Spiel nochmals, dort wo die Scharniere sitzen. Das untere brachte ich zum Bers ten, um das obere zu durchtrennen, drückte mir Buchmann den Schneider in die Hände. Wie durch Butter ging das – die Tür musste sich geschlagen geben. Geschafft! Ich war völlig verschwitzt und die Worte des kleinen Drachen Grisu gingen mir durch den Kopf: «Ich will Feuerwehrmann werden! Feuerwehrmann!»

Michael Greilinger

Volksstimme Nr. 92 / 2005