Augenschein vom 01.07.2010   Liste aller Augenscheine       

Auf dem Breitenhof ist gut Kirschen essen

Auf dem Breitenhof ist gut Kirschen essen Nicht von jedem Baum ist gut Kirschen essen. Was von den Züchtern in den höchsten Tönen gelobt wird, wird im Wintersinger Steinobstzentrum Breitenhof nicht für bare Münze genommen.

«Doris ist eigentlich mein Chef, aber ich habe sie noch nie hier gesehen.» Thomas Schwizer, Obstbau-Ingenieur und Leiter des Steinobstzentrums Breitenhof, erklärt mit diesen Worten, welchem Departement sein Versuchsuchsbetrieb angegliedert ist. Nämlich dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement von Bundesrätin Doris Leuthard. 23 Leser und Leserinnen hängen während des «Volksstimme»-Augenscheins an seinen Lippen und wollen mehr über den Versuchsbetrieb der Eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil (ACW) wissen.
Die Sonne brennt am Dienstagnachmittag heiss über den Anlagen. Wer kann, weicht beim Zuhören in die Schattenplätze aus, die die Bäume werfen. Gefühlt ist es mindestens 30 Grad heiss. Die Männer und Frauen schwitzen, aber hören gespannt zu. «Das war total interessant »: Kathy und Hanspeter Siegrist zeigten sich nach der knapp dreistündigen Führung rundum begeistert. «Die Hitze haben wir darob schlicht vergessen.»

Jahrelange Tests
Bevor ein Bauer weiss, ob eine neue Kirschensorte auch in der Schweiz gedeiht, ist es sinnvoll, dass diese vorher getestet wird. «Das ist unsere Aufgabe», so Schwizer. Also haben gute Kirschen ihren Ursprung im Baselbiet, vielmehr auf dem Breitenhof? «Grob betrachtet, ja.» Denn rund 150  Kirschensorten wachsen auf dem 13 Hektar grossen Gelände. «Es dauert nicht ein Jahr, auch nicht nur zwei Jahre, sondern mehrere Jahre, bis wir ein  endgültiges Urteil über Sein oder Nichtsein einer Sorte fällen», so Schwizer. Die Bauern wünschen sich kleine, einfach zu erntende Bäume, erklärt Schwizer. Die Sorte sollte robust und nicht anfällig für Krankheiten sein, platzunempfindlich, ertragreich und grossfruchtig. Der Handel wiederum will möglichst  Transportfeste und gut lagerbare Kirschen. Und die Kunden? «Kirschen werden mit den Augen gekauft! » Glänzend, gross, süss und aromatisch müssen sie sein, mit einer kräftigen bis dunkelroten Farbe.
Unter die Besucher mischte sich ebenfalls Nationalrätin Maya Graf, die von den Ausführungen des Betriebsleiters sowie den Leistungen und Angeboten des Versuchsbetriebs beeindruckt war. Dass sich zum Schluss des Rundgangs eine Grundsatzdiskussion zwischen ihr und dem Betriebsleiter darüber entspann, warum beispielsweise Kirschen quer durch die Schweiz gefahren werden, um dann wieder in den Regalen eines Grossverteilers vor der Haustüre aufzutauchen, verlieh dem Anlass so etwas wie den «Chirsipfäffer». «Man sollte sich wieder darauf besinnen und den Konsumenten zeigen, was in der Region wächst», meinte ein Teilnehmer abschliessend. 

Heidi Schwarz

Volksstimme Nr. 75 / 2010