Leserreise vom 30.09.1999   Liste aller bisherigen Leserreisen           

Hochwasser, zerklüftete Landschaften, schwindelnde Höhen  

Hochwasser, zerklüftete Landschaften, schwindelnde Höhen   45 «Volksstimme»-Leserinnen und -Leser haben das Unterengadin gründlich kennen gelernt.
Der Leserreise der «Volksstimme» 1999, zusammen mit Sägesser-Reisen, war ein voller Erfolg beschieden. Die abwechslungsreiche Fahrt, die zwei wunderschönen Tage in der zauberhaften Bergwelt des Unterengadins und der angenehme Aufenthalt im Hotel «Traube» liessen keine Wünsche offen.

hft. Mit Ernst Sägesser am Steuer des Komfortcars wurde die Leserreise am 20. September bei gutem Wetter gestartet. 45 Personen konnten an Bord willkommen geheissen werden. Der Chauffeur wählte die Route Richtung Luzern–Zug über den Hirzel und siehe da, ein Morgenstau blieb uns erspart.
Der unruhige Walensee liess uns erahnen, dass sich wohl eine Wetterverschlechterung anbahnen würde. Bereits nach dem Kaffeehalt in Walenstadt setzte der Regen ein und begleitete uns beharrlich auf der Weiterfahrt Richtung Klosters. Der Blick auf die Silvrettagruppe blieb uns denn auch verwehrt und bei einer Aussentemperatur von sieben Grad auf dem Flüela drängte es niemanden ins Freie. Lieber schauten wir uns die frisch verschneiten Berggipfel vom Car aus an. Dazu kamen die sprudelnden, schäumenden Bergbäche, die sich mitunter als Wasserfälle zeigten.

Hochwasser – kein Durchkommen
Auf kurvenreicher Fahrt, zu deren Seiten noch zahlreiche Spuren vom schweren Lawinenwinter zeugten, gings hinunter ins Val Susasca, nach Susch, von wo es nicht mehr weit gewesen wäre, nach Guarda, zum bestellten Mittagessen. Doch war die Strasse wegen Hochwassers gesperrt. Sagenhaft schnell disponierte Ernst Sägesser um und wir kamen im «Crusch alba» in Zernez zu einem feinen Mittagessen, ehe wir nun die Reise durchs Oberengadin, (unser Ziel lag im Unterengadin) über den Ofenpass, Val Müstair, durchs Südtirol mit seinen riesigen Obstplantagen in Richtung Reschenpass fortsetzten. Regen und Nebel begleiteten uns dabei getreulich, was indessen den Reschenstausee mit seinem herausragenden Kirchturm in einem ganz besonderen, eigenartigen Licht erscheinen liess.
Als ob sich der Wettergott mit uns an den blumengeschmückten, gemütlichen Häusern freuen würde, lichtete er die Nebel und gab gar den Blick frei aufs Inntal. Nach diesem grossen Umweg kamen wir nach 410 Kilometern Fahrt wohlbehalten in Scuol (Schuls) an, wo wir im Hotel «Traube» (im Casa Luja) erwartet und bald auch kulinarisch verwöhnt wurden.

Allegra Engiadina
Kaum zu glauben, ein nur noch leicht bewölkter Himmel wölbte sich anderntags über der Engadiner Landschaft. Da wurden während dem Genuss des reichhaltigen Frühstücksbuffets fleissig Pläne geschmiedet: Den Höhenweg nach Sent erwandern oder mit dem Car nach Samnaun.
Fünf Wanderfreudige winkten denn auch schon bald dem grossen Rest zu, der sich von Ernst durch die wild zerklüftete Gebirgslandschaft nach Samnaun kurven liess. Lädele, bummle, die Gegend und die kulinarischen Spezialitäten geniessen, darüber verging die Zeit rasch bis zum Aufbruch, hatten wir doch noch den Besuch bei «ausgewanderten» Baselbietern vor: bei Dora und Kurt Erny-Eglin, die seit sechs Jahren das Hotel «Rezia» in Sent führen. Sie freuen sich immer, wenn sie Gäste aus der alten Heimat begrüssen können.
Dank zeitiger Rückkehr blieb noch genügend Zeit um Scuol, den Hauptort des Unterengadins, auszukundschaften und dabei die typischen Bünderhäuser mit den wunderschönen Malereien und Graffitis, den Blumen (Bündner Hängenelken) zu bewundern, aber auch einen Blick auf das neue Bad des Engadins, das «Bogn Engiadina Scuol» zu werfen, ehe man sich voller Vorfreude auf ein wieder wunderbares Nachtessen zu Tisch setzte. Die beiden einheimischen Sänger, die uns mit Liedgut in allen Landessprachen, natürlich aber in Rumantsch begeisterten, waren einmal mehr eine von Sägessers Überraschungen.

S-charl-Tal und Alp Tamangur
Der strahlende Morgen des dritten Tages unserer Reise nährte natürlich unsere Vorfreude auf den Ausflug ins idyllische S-charl-Tal, dem längsten Engadiner Seitental. Steil führte die Extrafahrt mit dem Postauto bergan durch die raue Gebirgslandschaft, teilweise sogar auf Naturstrasse. Dazu steuerte der Chaffeur manche wissenswerte Erläuterung bei.
In S-charl, (1800 Meter über Meer) angelangt, wurde auf Pferdefuhrwerke und Kutschen umgestiegen. Vorbei am höchst gelegenen Arvenwald Europas und durch urwüchsige Natur pur erreichten wir die auf 2135 Meter über Meer gelegene Alp Astras Tamangur. Wie genossen wir, so unter freiem Himmel und Sonnenschein, die von Familie Keller aufgetischten Bündner Spezialitäten. Die Erklärungen Kellers über Infrastruktur, Alpbewirtschaftung und zum Thema Vergrösserung des Nationalparkes liess uns manches, was wir später im «Schelzra-Museum» in S-charl in Wort und Bild antrafen, besser verstehen.
Gestärkt liessen es sich einige nicht nehmen, den Rückweg bis S-charl per Pedes zurückzulegen. Noch war indessen der erlebnisreiche Tag nicht zu Ende. Er wurde nach dem Vier-Gang-Abendessen mit einer Feuerzangenbowle samt Feuerwerk auf der Hotelterrasse gekrönt.

Abschied
Nun galt es, Abschied zu nehmen vom Hotel «Traube» von der wunderbar leichten Küche, der aufmerksamen, sorgfältigen Bedienung und der warmen Herzlichkeit von Marianne und Leonardo Salvodelli und ihrem Personal. Der Heimweg führte erst einmal entlang des Inns durch das «Obere Gericht» und weiter durchs österreichische Bundesland Tirol. Durch die wechselnden Landschaftsszenerien und die interessanten Informationen des «Steuermanns» erreichten wir fast unbemerkt St. Anton am Arlberg zum Mittagessen.
Bald wurde auf der Weiterfahrt die Arlberg Passhöhe mit ihren 1800 Metern Meereshöhe erreicht. Nach Fototermin, Genuss der guten Fernsicht und «Entsorgung» noch vorhandener Schillinge, gings weiter. Bald grüsste aus der Ferne das Alpsteingebirge, sogar der Hohe Kasten, ehe wir in Diepoldsau wieder heimischen Boden erreichten. Ein Blick aufs schwäbische Meer, den Bodensee, um in Richtung St. Gallen, via Wil, Zürich Nordring-Birrfeld unseren Ausgangsorten zuzustreben, die wir bereits am frühen Abend erreichten.