Platz nehmen, wo sonst die Stars sitzen: die Spielerbank des FC Basel.
Imposant steht er in der Brüglinger Ebene zwischen Muttenz und Basel: der St.-Jakob-Park. Bestens bekannt und trotzdem mit Räumen, die nicht jeder zu sehen bekommt. Für die Teilnehmer des «Volksstimme-Augenscheins» machten die Betreiber eine Ausnahme.
Mit 10?000 Franken müsse man als Firma pro Sitz im Jahr rechnen. Bei 16 Sitzen eine hübsche Summe. Dafür habe man den besten Service und die besten Plätze im ganzen Stadion. Keine Stadionwurst mit Bier, sondern ein à-la-carte-Menü mit Champagner. Die Rede ist von den VIP-Logen im St.-Jakob-Park zu Basel, die normalerweise nur den sich einmietenden Firmen und ihren Kunden offen stehen. Nicht so aber am vergangenen Freitag, als sich rund 45 Leser der «Volksstimme» im Rahmen des diesjährigen «Augenscheins» aufmachten, den St.-Jakob-Park zu entdecken.
Und sie erhielten während der Führung durch Franz Baur, Sportreporter von Radio SRF, etliche weitere Einblicke in Ecken und Winkel, die man sonst nicht zu sehen bekommt. Unter anderem eben in die VIP-Logen, die sich hoch oben direkt unter dem Stadiondach befinden. Die Führung begann jedoch weiter unten – im Media Center neben dem Eingang im Sektor A. Dort also, wo vor und nach den Spielen Medienkonferenzen und Interviews über die Bühne gehen. «Der Medienraum wird entsprechend oft gebraucht», erklärte Baur. So habe knapp zwei Stunden vor der «Augenschein»-Führung eine Medienkonferenz mit Marco Streller und Murat Yakin stattgefunden, an der es hauptsächlich um das Spiel vom Sonntag gegen den FC Zürich ging.
Bau trotz Nein an der Urne Vorher warf Franz Baur jedoch einen Blick zurück und erklärte den Anwesenden, wie es überhaupt zum Stadionbau des modernen «Joggeli» kam. Die Geschichte reicht bis ins Jahr 1937 zurück, als die Arbeiten am damaligen Stadion begannen. Als die Fifa 1948 die Weltmeisterschaft von 1954 in die Schweiz vergab, kam erneut Bewegung in die Sache. Basel galt damals noch als zweitgrösste Stadt des Landes – hatte aber ein zu kleines Stadion. Gegen einen Kreditentscheid für einen Neubau wurde prompt das Referendum ergriffen und im November 1952 der Stadionbau an der Urne knapp abgelehnt. Gebaut wurde das Stadion trotzdem, denn eine Gruppe Privater gründete die «Genossenschaft Fussballstadion St. Jakob» und baute das Stadion auf privater Basis. So wurde Basel doch noch Austragungsort der WM. Mitte der 90er-Jahre wurde schliesslich entschieden, ein komplett neues Stadion zu bauen, welches 2001 eröffnet und für die Europameisterschaft 2008 ausgebaut wurde.
So viel zur Geschichte, welche die einen oder anderen «Augenschein»-Teilnehmer wohl teilweise noch selbst miterlebt haben. Nach dem Blick zurück gewährte Franz Baur einen solchen in den Bauch des aktuellen Stadions. Durch den Eingang für die Mannschaftsbusse ging es in die Katakomben des «Joggeli» – an einen Ort, an dem schon Mannschaften wie Manchester United, Bayern München oder Juventus Turin zu Gast waren. Baur führte die Teilnehmer in die Garderobe der Gastmannschaft, setzte sie wie eine solche auf die Bänke und sprach zu ihnen wie ein Trainer vor dem Spiel. Tatsächlich kam ein wenig das Gefühl auf, der Schiedsrichter würde in wenigen Augenblicken an die Türe klopfen und das Team bitten, sich für das Einlaufen aufzustellen. Vor allem auch im Wissen, dass man auf jenen Plätzen sass, auf denen schon Spieler wie Wayne Rooney, Frank Ribery oder Andrea Pirlo sassen.
Penibler Zeitplan der Uefa Allesamt nahmen sie im Rahmen eines Länderspiels oder einer Partie in der Champions League in der Garderobe Platz. «Solche Spiele sind von der Uefa bis ins kleinste Detail geplant», erklärte Baur. «Es gibt sogar einen Zeitplan bis und mit Anpfiff.» Vor einem Spiel in der europäischen Königsklasse – die Spiele beginnen jeweils um 20:45 Uhr – sieht der Fussballverband beispielsweise vor, dass die Mannschaften um 20.40 Uhr einlaufen, dass sie sich um 20.42:40 für die «shake hands» und um 20.43:20 für die Teamfotos aufstellen. «Der Wiederanpfiff nach der Halbzeitpause ist sogar nach dem Fernsehen gerichtet», erklärte Baur.
So genau nahm es der Sportreporter indes nicht, als er die Gruppe aus der Garderobe und vor die Senftube – den Eingang ins weite Rund des Stadions – bat. Erneut stellte er sie wie eine Mannschaft vor dem Spiel auf und liess sie schliesslich ins «Joggeli» einlaufen. Was für ein Gefühl – Gänsehaut, obwohl das Stadion leer und die Senftube nicht ausgefahren war. Man stelle sich nur vor, man laufe vor über 30?000 begeisterten Zuschauern ein.