Augenschein vom 08.08.2003   Alle       

«Eine Ruine muss halt ruinös aussehen»

«Eine Ruine muss halt ruinös aussehen» Materialien, die beim Bau der Burg verwendet worden sind, sind Tuffstein (oben) und Hauptrogenstein.
Die Ruine Farnsburg war Ziel des letzten «Volksstimme»-Augenscheins im Sommer 2003. Michael Schmaedecke von der Kantonsarchäologie berichtete über die Probleme, die bei der Sanierung zu lösen waren. Zudem wusste er viel Wissens wertes über die Geschichte der Burg zu erzählen.

gr. «Vielleicht wollte man so dem Feind seine Wertschätzung zeigen.» Kantonsarchäologe Michael Schmaedecke wies mit der Hand auf die zwei grösseren Aussparungen in der Schildmauer der Farnsburg: «Das waren die Öffnungen für die Abort-Erker», so Schmae decke.
Normalerweise erwarte man ja, dass der Ort, an dem das Geschäft verrichtet werde, ir gendwo im Hintergrund zu finden sei. Im Falle einer Burg hatte das aber durchaus praktische Gründe: der Burggraben diente gleichzeitig als Kanalisation.
Die imposante Schildmauer der Farnsburg ist nicht höher als die gegenüberliegende Kuppe des Farnsbergs: «Verteidigungstechnisch hat das ausgereicht», sagte Schmaedecke, denn «damals gab es kaum Waffen, mit denen im hohen Bogen geschossen werden konnte.»

Burg älter als angenommen
Und wäre doch jemand auf die Idee gekommen, eine grosse Steinschleuder auf die «Oberi Weid» zu schleppen, wäre dieser längst von den Armbrustschützen auf der Burg unter Beschuss genommen worden.
Die Geschichte der Farnsburg beginnt offiziell im frühen 14. Jahrhundert. Je nach Quelle soll die Burg zwischen 1320 und 1340 erbaut worden sein. Sie wechselte mehrmals den Besitzer: als Anfang des 15. Jahrhunderts das Geschlecht der Tiersteiner ausstarb, erbten die Freiherren von Falkenstein im Jahre 1418 die Burg. 1461 muss ten sie die Farnsburg je doch aus wirtschaftlichen Gründen an die Basler verkaufen. Seit 1860 gehört sie der Familie Dett wiler vom Hofgut Farnsburg.
Schmaedecke vermutete, dass die Geschichte der Farnsburg weiter zurückgehe als an genommen. Während der Sanierungsarbeiten habe er in der Füllung der Beringmauer Kera mik scherben entdeckt, die zweifelsfrei aus dem 13. Jahrhundert stammten. Zudem liessen Dachziegelbruchstücke im alten Mauerkern auf Abbruchschutt schliessen. Dieser sei bestimmt nicht von anderswoher auf den Hügel getragen worden.

Hagenbach nicht in der Hutte
Bis zur Erstürmung im Jahre 1798 wurde die Farnsburg mehrmals erweitert. Der Burggraben wurde zugeschüttet, die Landvögte haben dort einen Garten angelegt. Schmaedecke verwies die bekannte Anekdote, dass der letzte Landvogt, Franz Hagenbach, in einer Hutte nach Ormalingen getragen worden sei, ins Reich der Fabeln.
Man wisse, dass die Belegschaft noch einiges weggebracht habe und von selber die Burg verlassen habe. Erst danach sei die Farnsburg von aufgebrachten Leuten aus den umliegenden Dörfern geplündert und abgebrannt worden.
Die Ruine war lange Zeit ein Selbstbedienungsladen für Baumaterial. Am Anfang des 20. Jahrhunderts war vom einst stolzen Schloss nicht mehr viel zu sehen. Ende der 20er-Jahre haben sich ein paar Burgenbegeisterte zusammengeschlossen und wollten die Ruine wieder instand setzen. «Archäologisch haben die schlecht gearbeitet», so Schmaedecke. Immerhin, die Burgenfreunde erhielten einen Zustupf vom Bund, allerdings unter der Bedingung, dass sich der Kanton Baselland für immer zum Unterhalt der Ruine verpflichtet. Ein Kuckucksei sei das, sagte Schmaedecke.
Bei der jetzigen Sanierung liegt das Hauptaugenmerk darauf, zu sichern und erhalten, was vorhanden ist. Hauptsächlich wurden Schäden im Mauerwerk behoben. Hauptproblem: die Mauern sind zum grösseren Teil aus Hauptrogenstein gebaut, ein Stein, der Feuchtigkeit aufnimmt. Kein Problem, wenn die Mauer verputzt und überdacht ist. Die Lösung: bei der Sanierung wurde ein Kalkstein aus dem Laufental verwendet, der sehr ähnlich aussieht, jedoch sehr viel witterungsbeständiger ist.
Ausgeführt wurde die Sanierung durch eine Firma, die schon die Ruine Birseck «aufgefrischt» hatte. «Wir sind sehr blauäugig herangegangen», sagte Schmae decke. Oftmals hätte ein Schaden viel mehr Arbeit nach sich gezogen als vermutet.
Die grösste sichtbare Veränderung fand gleich nach der Brücke statt. Im Eingangsbereich wurde ein kleines Stück Wald gerodet, so dass die östliche Begrenzungsmauer wieder sichtbar wird. Viel war davon nicht mehr vorhanden, sie muss te wieder aufgebaut werden. Ebenfalls in diesem Bereich wur de der Bettelturm etwas höher aufgemauert. Die alten Strukturen sind somit wieder besser sichtbar.

Mörtel wie im Mittelalter
Der Mörtel, der beim Mauern verwendet wurde, entspricht alten Rezepten: Er setzt sich aus Flusssand, Mergelsand, Weiss kalk, Sumpfkalk, Ziegelschrott und ganz wenig Zement zusammen. Der Zementmörtel, der üblicherweise verwendet wird, sei Gift für die Kalksteine, so Schmaedecke.
Da die Farnsburg ein Refugium für viele Tier- und Pflanzenarten ist, wurde Hand in Hand mit dem Naturschutz gearbeitet: «Wir können nicht wie die Berserker herumsanieren», sagt Schmaedecke. Für Reptilien wurden in den Mauern Hohlräume belassen. Seltene Pflanzenarten oder – zoologisches Juwel – eine besondere Schneckenpopulation wurden umgesiedelt.
Die ganze Sanierung wurde von der Kantonsarchäologie dokumentiert, so dass bei späteren Arbeiten klar ist, wie wo verfahren wurde. Zudem will die Kantonsarchäologie bald ein Buch über die Arbeiten an der Farnsburg veröffentlichen.

(Bild Rolf Wirz)

Volksstimme Nr. 94 / 2003